19.04.2023 von Bianca Dlugosch

Müllfahrzeug-Unfall: Wann ist Schrittgeschwindigkeit und Seitenabstand erforderlich?

Wer an einem Müllfahrzeug vorbeifahren möchte, muss nicht immer mit Schrittgeschwindigkeit und einem Seitenabstand von mindestens 2 Metern fahren. Das entschied das Oberlandesgericht Celle in einem Fall aus Hannover am 15.02.2023.

In dem Fall war es zu einem Verkehrsunfall gekommen, als ein Pflegedienstfahrzeug an einem im Einsatz befindlichen Müllfahrzeug vorbeifuhr und mit einer Mülltonne kollidierte, die von einem Müllmann quer über die Straße geschoben wurde. Das Landgericht Hannover hatte eine hälftige Haftungsverteilung vorgenommen, da die Fahrerin des Pflegedienstfahrzeugs weder Schrittgeschwindigkeit noch einen Seitenabstand von 2 Metern eingehalten hatte.

Das Oberlandesgericht Celle entschied jedoch, dass nicht immer eine Schrittgeschwindigkeit und ein Seitenabstand von 2 Metern erforderlich sind. Vielmehr müssten die Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden. In diesem Fall sei zwar eine Verlangsamung der Geschwindigkeit geboten gewesen, aber bei einer gefahrenen Geschwindigkeit von 13 km/h sei der Unfall räumlich vermeidbar gewesen. Zudem habe die Fahrerin des Pflegedienstfahrzeugs nicht damit rechnen müssen, dass plötzlich ein Müllcontainer hinter dem Müllfahrzeug hervorgeschoben werde.

Allerdings sei die leicht erhöhte Betriebsgefahr des Pflegedienstfahrzeugs zu berücksichtigen, weshalb das Oberlandesgericht eine Haftungsverteilung von 75:25 zulasten der Beklagten vornahm.

Insgesamt zeigt dieser Fall, dass es bei der Vorbeifahrt an einem Müllfahrzeug nicht immer notwendig ist, mit Schrittgeschwindigkeit und einem Seitenabstand von 2 Metern zu fahren. Vielmehr müssen die Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden, um eine angemessene Geschwindigkeit und Seitenabstand zu wählen und möglichen Unfällen vorzubeugen.

Anwaltskanzlei Bauer & Kollegen




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