06.12.2023 von Bianca Dlugosch

Kündigung wegen Aussagen in WhatsApp-Gruppe – Urteil des Bundesarbeitsgerichts

In der heutigen digitalisierten Welt, in der private und berufliche Sphären zunehmend verschmelzen, bringt das jüngste Urteil des Bundesarbeitsgerichts (2 AZR 17/23) vom 24. August 2023 einen neuen Blickwinkel in die Debatte über die Grenzen der Vertraulichkeit in digitalen Kommunikationsmedien. Dieses Urteil beleuchtet die rechtlichen Implikationen von Äußerungen in privaten Chatgruppen, insbesondere wenn diese Äußerungen beleidigend, rassistisch oder gar gewaltfördernd sind und sich gegen Kollegen oder Vorgesetzte richten. Der Fall illustriert eindrücklich, wie private Kommunikation in digitalen Medien wie WhatsApp, die berufliche Aspekte berührt, ernsthafte arbeitsrechtliche Folgen nach sich ziehen kann. Im Folgenden wird der Hintergrund des Falles sowie die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts und deren Bedeutung für das Arbeitsrecht näher betrachtet.

Der Fall im Detail

Die Ursache dieses Falles liegt in den Aktivitäten eines Arbeitnehmers innerhalb einer privaten WhatsApp-Gruppe. Diese Gruppe, bestehend aus sieben Mitgliedern, darunter Kollegen und einem ehemaligen Mitarbeiter, war ein Raum für den Austausch über diverse Themen, einschließlich der Arbeitsumgebung. Der betroffene Arbeitnehmer, ein langjähriges Gruppenmitglied, nutzte diesen privaten Raum, um sich in inakzeptabler Weise über Vorgesetzte und Kollegen zu äußern. Seine Kommentare waren stark beleidigend, rassistisch, sexistisch und stachelten sogar zu Gewalt auf. Diese Äußerungen spiegelten nicht nur eine Missachtung der persönlichen und beruflichen Würde der betroffenen Personen wider, sondern verstießen auch gegen grundlegende ethische Normen und Unternehmensrichtlinien.

Die Situation eskalierte, als die Inhalte dieser Chats dem Arbeitgeber bekannt wurden, was zur fristlosen Kündigung des Arbeitnehmers führte. Die Vorinstanzen gaben der Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers statt, was darauf hinwies, dass sie eine berechtigte Vertraulichkeitserwartung annahmen. Die Revision der Beklagten beim Bundesarbeitsgericht führte jedoch zu einer neuen Bewertung des Falles.

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts

Das Bundesarbeitsgericht hob das Urteil der Vorinstanzen auf und wies darauf hin, dass die Vertraulichkeitserwartung in einer Chatgruppe von verschiedenen Faktoren abhängt. Es betonte, dass bei der Kommunikation über beleidigende und menschenverachtende Inhalte, insbesondere wenn sie Betriebsangehörige betreffen, besondere Vorsicht geboten ist. Das Gericht forderte eine detaillierte Darlegung darüber, warum der Arbeitnehmer eine Vertraulichkeitserwartung für seine Äußerungen haben konnte, insbesondere angesichts der Größe der Gruppe und der Tatsache, dass WhatsApp ein Medium ist, das eine schnelle Weitergabe von Informationen ermöglicht.

Das Gericht verwies den Fall zurück an das Landesarbeitsgericht Niedersachsen, um dem Kläger die Möglichkeit zu geben, seine Sichtweise darzulegen.

Fazit

Dieses Urteil verdeutlicht, dass auch in privaten Gruppen getätigte Aussagen, insbesondere wenn sie beleidigend oder menschenverachtend sind, arbeitsrechtliche Konsequenzen haben können. Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts betont die Notwendigkeit einer verantwortungsvollen Kommunikation in digitalen Medien, auch in vermeintlich privaten Kontexten. Es zeigt auf, dass die Grenzen zwischen Privatheit und Beruflichkeit in der digitalen Kommunikation verschwimmen können und verdeutlicht die rechtlichen Risiken, die mit unbedachten Äußerungen einhergehen können.

Bei Fragen zu diesem Thema oder anderen arbeitsrechtlichen Angelegenheiten steht unser erfahrenes Team von Anwälten gerne zur Verfügung, um Sie umfassend zu beraten und zu unterstützen. Anwaltskanzlei Bauer & Kollegen

 

Hinweis: Dieser Artikel dient nur zu Informationszwecken und stellt keine Rechtsberatung dar. Für spezifische Fragen oder Anliegen wenden Sie sich bitte an einen qualifizierten Rechtsanwalt.

Quelle der Entscheidung: Entscheidung des Bundesarbeitsgericht vom 24.08.2023, oder: Direktlink zur Pressemitteilung des Gerichtes.




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