24.05.2017 von Bianca Dlugosch

Häusliches Arbeitszimmer eines Selbstständigen kann abzugsfähig sein

BFH, Urteil vom 22.02.2017 – III R 9/16

Der Bundesfinanzhof hat mit dem Urteil vom 22.02.2017 (Az. III R 9/16) entschieden, dass die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer eines Selbstständigen (hier: Logopäde) mit eigenen Betriebsräumen begrenzt abzugsfähig sein können. Dazu führte das Gericht aus, dass nicht jeder Schreibtischarbeitsplatz in den Betriebsräumen zwangsläufig einen zumutbaren anderen Arbeitsplatz darstellt.

Der Kläger war als selbstständiger Logopäde in angemieteten Praxisräumen tätig, die weit überwiegend von seinen vier Angestellten genutzt wurden. Für etwaige Verwaltungsarbeiten nutzte der Kläger daher ein häusliches Arbeitszimmer. Das Finanzgericht kam unter Würdigung der Gesamtumstände zu der Auffassung, dass die Erledigung der Büroarbeiten in den Praxisräumen – auch außerhalb der Öffnungszeiten – nicht zumutbar sei. Die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer seien insoweit begrenzt (Höchstbetrag: 1.250,00 €) abzugsfähig. Dagegen legte das Finanzamt das Rechtsmittel der Revision ein.

Der BFH hat die Revision mit dem obigen Urteil zurückgewiesen. Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG könnten Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden. Dies gelte nach Satz 2 allerdings dann nicht, „wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht“. Laut BFH kommt das Abzugsverbot nach seinem Sinn und Zweck nicht zum Tragen, soweit die Nutzung des Arbeitsplatzes in einer Weise eingeschränkt sei, dass der Steuerpflichtige in seinem häuslichen Arbeitszimmer einen nicht unerheblichen Teil seiner beruflichen oder betrieblichen Tätigkeit verrichten muss. Auch der selbstständig Tätige könne auf ein (zusätzliches) häusliches Arbeitszimmer angewiesen sein. Ob dies der Fall sei, müsse die Tatsacheninstanz (hier: das Finanzgericht) anhand objektiver Umstände des Einzelfalls klären. Anhaltspunkte könnten sich sowohl aus der Beschaffenheit des Arbeitsplatzes (Größe, Lage, Ausstattung) als auch aus den Rahmenbedingungen seiner Nutzung (Umfang der Nutzungsmöglichkeit, Zugang zum Gebäude, zumutbare Möglichkeit der Einrichtung eines außerhäuslichen Arbeitszimmers) ergeben.

Diesbezüglich ergab sich dem BFH zufolge aus den tatsächlichen Gegebenheiten (Nutzung der Räume durch die Angestellten, Tätigkeit des Klägers außerhalb der Praxis, die Größe, die Ausstattung, die konkrete Nutzung der Praxisräume durch die vier Angestellten, Vertraulichkeit der für die Bürotätigkeit erforderlichen Unterlagen und den Umfang der Büro- und Verwaltungstätigkeiten) eine Unzumutbarkeit der Nutzung der Praxisräume als außerhäusliches Arbeitszimmer.




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