02.11.2023 von Bianca Dlugosch

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit: Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts

In diesem Blogartikel geht es um die Klage eines nebenamtlichen Rettungsassistenten, der eine geringere Vergütung erhielt als seine hauptamtlichen Kollegen – trotz gleicher Qualifikation und Arbeit. Dieser Fall wurde vor dem Bundesarbeitsgericht verhandelt, welches am 18.01.2023 ein Urteil fällte (Aktenzeichen: 5 AZR 108/22).

In diesem Artikel werden wir uns mit den Hintergründen dieses Falles, der Begründung des Gerichts und den möglichen Auswirkungen dieses Urteils auf Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Deutschland befassen. Es ist ein Thema, das jeden betrifft, der in einem Arbeitsverhältnis steht, und es unterstreicht die Bedeutung von Fairness und Gleichbehandlung in der modernen Arbeitswelt.

Hintergrund des Falles

Der Fall betraf einen Rettungsassistenten, der im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses bei einem Rettungsdienst tätig war. Während sogenannte „hauptamtliche“ Rettungsassistenten, die fest nach Dienstplan arbeiteten, eine Stundenvergütung von 17,00 Euro brutto erhielten, bekamen „nebenamtliche“ Rettungsassistenten, zu denen auch der Kläger gehörte, nur 12,00 Euro brutto pro Stunde.

Der Kläger argumentierte, dass diese unterschiedliche Bezahlung eine Diskriminierung von Teilzeitkräften darstellt. Er fühlte sich benachteiligt, da er trotz gleicher Qualifikation und Tätigkeit weniger verdiente als seine hauptamtlichen Kollegen. Er betonte, dass die Begründung des Arbeitgebers, dass hauptamtliche Rettungsassistenten aufgrund ihrer festen Dienstpläne eine höhere Vergütung erhalten sollten, nicht stichhaltig sei. Das Hauptargument des Klägers war, dass die Qualität der Arbeit, die er leistete, nicht geringer war als die seiner Vollzeitkollegen.

Mit seiner Klage verlangte der Kläger zusätzliche Vergütung in Höhe von 3.285,88 Euro brutto für den Zeitraum von Januar 2020 bis April 2021. Er argumentierte, dass die unterschiedliche Stundenvergütung im Vergleich zu den hauptamtlichen Mitarbeitern eine Benachteiligung wegen seiner Teilzeittätigkeit darstellt.

Der Arbeitgeber verteidigte die unterschiedliche Bezahlung mit dem Argument, dass er mit den hauptamtlichen Rettungsassistenten eine größere Planungssicherheit und weniger Planungsaufwand habe. Diese hätten auch eine höhere Stundenvergütung erhalten, weil sie sich auf Weisung zu bestimmten Diensten einfinden müssten.

Ein wesentlicher Unterschied zwischen den beiden Gruppen war nämlich, dass die nebenamtlichen Rettungsassistenten nicht einseitig zu Diensten eingeteilt wurden. Sie konnten Wunschtermine für Einsätze benennen, denen der Arbeitgeber versuchte zu entsprechen, jedoch ohne eine verbindliche Zusage.

Das Urteil und seine Begründung

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in seinem Urteil vom 18.01.2023 dem Kläger Recht gegeben. Das Gericht stellte fest, dass geringfügig Beschäftigte, die in Bezug auf Umfang und Lage der Arbeitszeit keinen Weisungen des Arbeitgebers unterliegen, bei gleicher Qualifikation für die identische Tätigkeit keine geringere Stundenvergütung erhalten dürfen als vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer.

Die Kernbegründung des Gerichts basierte auf dem Grundsatz der Gleichbehandlung. Das Gericht führte aus, dass die Praxis des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot gemäß § 4 Abs. 1 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) verstoße. Dieses Gesetz besagt, dass ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer wegen der Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden darf als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, sachliche Gründe rechtfertigen eine unterschiedliche Behandlung.

Die Richter argumentierten weiter, dass Teilzeitarbeit sich von Vollzeitarbeit nur in quantitativer, nicht aber in qualitativer Hinsicht unterscheidet. Das bedeutet, dass die Qualität der Arbeit, die ein Teilzeitbeschäftigter leistet, nicht als geringer angesehen werden darf als die eines Vollzeitbeschäftigten. Der von der Beklagten pauschal behauptete erhöhte Planungsaufwand bei der Einsatzplanung der nebenamtlichen Rettungsassistenten wurde vom Gericht als nicht stichhaltig erachtet und bildete keinen sachlichen Grund zur Rechtfertigung der Ungleichbehandlung.

Insgesamt betonte das BAG den Grundsatz „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ und stellte klar, dass die haupt- und nebenamtlichen Rettungsassistenten gleich qualifiziert sind und die gleiche Tätigkeit ausüben. Daher dürfen sie nicht aufgrund ihrer Arbeitszeit unterschiedlich vergütet werden. Das Urteil sendet ein starkes Signal an Arbeitgeber in ganz Deutschland und betont die Bedeutung von Fairness und Gleichbehandlung im Arbeitsrecht.

Fazit: Die Bedeutung des Urteils im Arbeitsrecht

Das BAG hat in seiner Entscheidung klargestellt, dass die Qualität der Arbeit, die von Teilzeitbeschäftigten geleistet wird, nicht als minderwertig im Vergleich zu der von Vollzeitbeschäftigten angesehen werden darf. Dies zeigt, dass das Arbeitsrecht in Deutschland ständig weiterentwickelt wird, um den sich ändernden Bedingungen und Anforderungen der modernen Arbeitswelt gerecht zu werden.

Wenn Sie glauben, dass Sie in Ihrem Arbeitsverhältnis ungerecht behandelt werden oder Fragen zum Thema „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ haben, zögern Sie nicht, sich an uns zu wenden. Wir stehen Ihnen mit Rat und Tat zur Seite, um sicherzustellen, dass Ihre Rechte gewahrt werden. Anwaltskanzlei Bauer & Kollegen

 

Dieser Blog-Artikel dient nur zu Informationszwecken und stellt keine Rechtsberatung dar. Bei spezifischen Fragen oder Anliegen sollten Sie sich an einen qualifizierten Rechtsanwalt wenden.

Quelle der Entscheidung: Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 18.01.2023, oder: Direktlink zur Entscheidung des Gerichtes.




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