14.02.2024 von Bianca Dlugosch

Berührungslose Unfälle und Haftungsfragen: Einblick in ein Urteil aus dem Verkehrsrecht

In einem Urteil des Oberlandesgerichts Celle vom 13. Dezember 2023 (Aktenzeichen: 14 U 32/23) wurde der Grundsatz des Anscheinsbeweises bei Auffahrunfällen erweitert. Es ging um die Frage der Schuldverteilung bei einem Motorradunfall, der ohne Kollision mit einem anderen Fahrzeug stattfand. Dieser Fall aus dem Verkehrsrecht zeigt auf, dass die Grundsätze des Anscheinsbeweises auch bei berührungslosen Unfällen Anwendung finden können und wirft ein Schlaglicht auf das Zusammenspiel von Unaufmerksamkeit und zu geringem Sicherheitsabstand im Straßenverkehr. Die Anwaltskanzlei Bauer & Kollegen aus Brühl informiert.

Fallhintergrund: Gefährliches Überholmanöver und Kettenreaktion

Die Ausgangslage des Falles war ein Verkehrsereignis im März 2021 auf einer Straße in Niedersachsen. Ein Motorradfahrer musste stark bremsen und kam zu Fall, um eine Kollision mit dem vorausfahrenden Fahrzeug zu vermeiden. Auslöser war ein gefährliches Überholmanöver eines Mercedes, der einem Müllwagen auswich, welcher auf der gegenüberliegenden Fahrbahn stand. Die Mercedes-Fahrerin nahm dabei den Gegenverkehr nicht hinreichend in Betracht, welcher eine Vollbremsung einleiten musste, um einen Frontalzusammenstoß zu verhindern. Der nachfolgende Motorradfahrer stürzte bei dem Versuch, ebenfalls anzuhalten.

Entscheidung des Gerichts: Haftungsverteilung bei berührungslosem Unfall

Das Landgericht Verden hatte in erster Instanz die Schadensersatzklage des Motorradfahrers abgewiesen, da es von einem Alleinverschulden des Klägers ausging. Dies wurde in der Berufung vom OLG Celle teilweise revidiert. Das Gericht erkannte, dass der Mercedes-Fahrerin ein Verkehrsverstoß vorzuwerfen war, der zum Unfall beitrug. Gleichzeitig wurde aber auch dem Motorradfahrer ein erhebliches Mitverschulden angelastet, da dieser entweder den notwendigen Sicherheitsabstand nicht eingehalten hatte oder durch Unaufmerksamkeit bzw. mangelnde Beherrschung des Motorrades den Sturz verursachte.

Das Gericht folgte damit der Erweiterung des Anscheinsbeweises auf berührungslose Unfälle, wenn die Ereignisse in einem engen zeitlichen und örtlichen Zusammenhang stehen. Es wurde entschieden, dass der Motorradfahrer 40 % seines Schadens von der Beklagten ersetzt verlangen kann.

Schlussfolgerung und Ausblick: Wichtige Erkenntnisse für Verkehrsteilnehmer

Die Entscheidung des OLG Celle hat möglicherweise auch Implikationen für die Beurteilung von anderen Verkehrsunfällen. Sie verdeutlicht, dass auch in Situationen, in denen es nicht zu einer Kollision kommt, ein Anscheinsbeweis für ein Fehlverhalten des Hintermanns sprechen kann. Insbesondere Motorradfahrer werden durch das Urteil daran erinnert, stets einen ausreichenden Sicherheitsabstand zu wahren und aufmerksam am Straßenverkehr teilzunehmen.

Zukünftige Fälle werden zeigen, ob diese Rechtsprechung weitere Bestätigung findet und wie sich das Zusammenspiel von Gefährdungshaftung und Anscheinsbeweis bei berührungslosen Unfällen weiterentwickelt. Für Verkehrsteilnehmer besteht die Lehre darin, stets umsichtig und mit dem gebotenen Abstand zu agieren, um nicht nur Kollisionen, sondern auch Stürze und andere Unfälle zu vermeiden.

Die Anwaltskanzlei Bauer & Kollegen aus Brühl steht Ihnen gerne für eine persönliche Beratung zur Verfügung. Unser erfahrenes Team von Anwälten kann Ihnen helfen, die Auswirkungen dieses Urteils aus dem Verkehrsrecht zu verstehen und Sie bei rechtlichen Fragen unterstützen.

 

Dieser Blog-Artikel dient nur zu Informationszwecken und stellt keine Rechtsberatung dar. Bei spezifischen Fragen oder Anliegen sollten Sie sich an einen qualifizierten Rechtsanwalt wenden.
Quelle der Entscheidung: Entscheidung des Oberlandesgericht Celle vom 13.12.2023, oder: Direktlink zur Entscheidung des Gerichtes.




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