16.07.2018 von Bianca Dlugosch

Arbeitgeber dürfen Sonderzahlung bei Kündigung im Folgejahr zurückverlangen

BAG, Urteil vom 27.06.2018, Az. 10 AZR 290/17

Das Bundesarbeitsgericht stellte mit Urteil vom 27.06.2018 fest, dass in Tarifverträgen der Anspruch auf eine jährliche Sonderzahlung durchaus vom Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem Stichtag außerhalb des Bezugszeitraumes in dem darauffolgenden Jahr abhängig gemacht werden kann. Dies verstößt nicht gegen ein höherrangiges Recht.

Sachverhalt:
Der Beklagte ist seit 1995 in dem Verkehrsunternehmen der Klägerin beschäftigt. Hier galt aufgrund einzelvertraglicher Bezugnahme ein Tarifvertrag. Dieser sah einen Anspruch auf eine bis zum 1. Dezember zu zahlende Sonderzuwendung vor und sollte auch als Vergütung für die bereits geleistete Arbeit angesehen werden. In dem Tarifvertrag wurde weiterhin auch im Falle des Ausscheidens des Arbeitnehmers bis zum 31. März des Folgejahres geregelt, dass die Sonderzahlung zurückzuzahlen ist.

Der Beklagte kündigte sein Arbeitsverhältnis im Oktober 2015 zum Januar 2016. Die Klägerin zahlte mit Abrechnung für den Monat November 2015 die im Tarifvertrag geregelte Sonderzahlung in Höhe eines Monatsentgelts. Diese Zahlung verlangte die Klägerin nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitnehmer wieder zurück. Dies lehnte der Beklagte jedoch ab unter Hinweis auf die Unwirksamkeit der Tarifvorschrift. Nach Ansicht des Beklagten verstößt diese als unverhältnismäßige Kündigungsbeschränkung gegen das Grundrecht auf Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG).

Die Klage des Verkehrsunternehmens war allerdings zu Lasten des Beklagten in allen Instanzen erfolgreich.

Als unwirksam wäre die Regelung über die Rückzahlung nur zu bewerten, wenn diese als arbeitsvertragliche Allgemeine Geschäftsbedingung einer Klauselkontrolle gemäß § 307 Abs. 1 BGB zu unterziehen wäre. Wenn diese jedoch arbeitsvertraglich in ihrer Gesamtheit in Tarifverträge einbezogen werden, unterliegen diese keiner solchen Inhaltskontrolle. Diese findet nur bei einer Abweichung von Rechtsvorschriften statt, da Tarifverträge nach § 310 Abs. 4 BGB den Rechtsvorschriften gegenüber gleichgestellt sind.

Das Bundesarbeitsgericht stellte in dem Urteil insoweit fest, dass die Rückzahlungsverpflichtung des Beklagten, welche sich aus der Stichtagsregelung in dem Tarifvertrag ergibt, nicht gegen höherrangiges Recht verstößt. Weiterhin werden die Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 12 Abs. 1 GG ebenso nicht verletzt. Diese Vorschriften haben die Tarifvertragsparteien auch in ihrem Tarifvertrag entsprechend zu beachten. Die Tarifvertragsparteien haben auch ein Gestaltungsspielraum hinsichtlich der getroffenen Rückzahlungsregelung. Weiterhin verfügen sie auch über einen Beurteilungs- und Ermessensspielraum in Bezug auf die inhaltliche Regelung. Die Tarifvertragsparteien sind dahingehend nicht verpflichtet, die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen. Hierbei genügt für die getroffene Regelung ein sachlich vertretbarer Grund.

Weiterhin ist das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil der Auffassung, dass die Einschränkung der Berufsfreiheit des Arbeitnehmers hier nicht verhältnismäßig ist. Die Grenzen hinsichtlich eines erweiterten Gestaltungsspielraums sind hier durch die Arbeitgeberin nicht überschritten worden.

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