26.03.2019 von Bianca Dlugosch

Aufhebungsvertrag kann wegen „unfairen“ Verhandelns unwirksam sein

BAG, Urteil vom 07.02.2019, 6 AZR 75/18

Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 07.02.2019, Az. 6 AZR 75/18, entschieden, dass eine Arbeitnehmerin den in ihrer Privatwohnung abgeschlossenen Aufhebungsvertrag nicht widerrufen kann. Dieser kann jedoch unwirksam sein, wenn hierbei das Gebot des fairen Verhandelns missachtet wurde.

Zum Sachverhalt:

Die Klägerin übte bei der Beklagten eine Tätigkeit als Reinigungskraft aus. In ihrer Wohnung schloss die Klägerin mit dem Lebensgefährten der Beklagten einen Aufhebungsvertrag, welcher die sofortige Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses vorsieht. Die Zahlung einer Abfindung ist in dem vorbezeichneten Vertrag nicht vereinbart. Sowohl der Anlass als auch der Ablauf dieser Vertragsverhandlungen sind umstritten. Die Klägerin erklärte hinsichtlich des Vertragsschlusses, dass sie an diesem Tag erkrankt war. Sie hat daher den Aufhebungsvertrag wegen Irrtums, arglistiger Täuschung und widerrechtlicher Drohung angefochten und hilfsweise widerrufen.

Sie wendet sich mit der Klage u. a. gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Aufhebungsvertrag.

Die Klage wurde jedoch durch das Landesarbeitsgericht abgewiesen. Nach Einlegung der Revision durch die Klägerin hat das Bundesarbeitsgericht das Urteil aufgehoben. Die Sache wurde sodann an das Landesarbeitsgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Das Gericht hat keinen Anfechtungsgrund aus dem Vortrag der Klägerin erkannt. Weiterhin ist nach Ansicht des Gerichts ein Widerruf eines arbeitsrechtlichen Aufhebungsvertrages durch die Klägerin nicht möglich. Das Gesetz sieht zwar in § 312 Abs. 1 BGB i. V. m. § 312g BGB vor, dass Verbraucher, welche außerhalb von Geschäftsräumen Verträge schließen, ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB haben. Allerdings sind arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge nicht in den Anwendungsbereich der §§ 312 ff. BGB mit einzubeziehen.

Des Weiteren hatte das Landesarbeitsgericht auch nicht geprüft, ob vor Abschluss des Aufhebungsvertrages das Gebot des fairen Verhandelns beachtet wurde. Hierbei handelt es sich um eine arbeitsvertragliche Nebenpflicht. Diese wird verletzt, wenn einer der Parteien eine psychische Drucksituation schafft, welche eine freie und überlegte Entscheidung des Vertragspartners über den Abschluss eines Aufhebungsvertrages erheblich erschwert. Das wäre hier insbesondere dann der Fall, wenn die krankheitsbedingte Schwäche der Klägerin bewusst durch den Arbeitgeber ausgenutzt worden wäre. Die Beklagte müsste insoweit Schadenersatz an die Klägerin leisten. Die Beklagte müsste dann auch diesen Zustand wiederherstellen, der ohne die Pflichtverletzung bestanden hat, d. h. die Klägerin wäre so zu stellen, als hätte sie den Aufhebungsvertrag nicht unterzeichnet. Das wiederum würde zum Fortbestand des Arbeitsverhältnisses führen. Daher muss das Landesarbeitsgericht die Wirksamkeit des Aufhebungsvertrages neu beurteilen.

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