19.10.2017 von Bianca Dlugosch

Schadenersatz nach dem AGG nur für „echte Bewerber“

AG München , Urteil vom 24.11.2016, Az. 173 C 8860/16

Das Amtsgericht München hat mit Urteil vom 24.11.2016 entschieden, dass nur „echte Bewerber“ Anspruch auf Schadenersatz nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) haben. Dies gilt daher nur, wenn sich jemand nicht von Anfang an wegen der Zahlung einer entsprechenden Entschädigung um eine Stelle bewirbt.

Folgender Sachverhalt lag dem Urteil zugrunde:

Die Beklagte ist im Sportmarketing tätig und inserierte in einem Münchener Wochenblatt im März 2016 eine Stellenanzeige. Diese lautete wie folgt: „Nette weibliche Telefonstimme gesucht! Akquise für Sport Marketingagentur auf Provisionsbasis/Home Office“. In dieser Stellenanzeige hatte die Beklagte lediglich ihre Telefonnummer angegeben. Der Kläger rief sodann bei der Beklagten an und ließ sich die Adresse der Beklagten geben, da sich lt. seiner Aussage eine Freundin von ihm dort bewerben möchte. Der Kläger bewarb sich sodann am 31.03.2016 selbst per E-Mail auf die von der Beklagten geschalteten Anzeige.

Der Kläger erhielt am 05.04.2016 von der Beklagten eine Absage. Hierin teilte die Beklagte mit, dass man sich bereits für einen männlichen Mitarbeiter entschieden habe. Der Kläger ist jedoch der Meinung, dass die Stellenanzeige geschlechtsdiskriminierend gewesen sei. Er verlangt insoweit eine Entschädigung in Höhe von 1.600,00 € (vom Kläger geschätzter 3-monatiger Verdienstausfall abgerundet) nach § 15 Abs. 2 AGG sowie weitere 540,00 € (vom Kläger errechnetes halbes Monatsgehalt) nach § 15 Abs. 1 AGG. Die Beklagte hat eine Zahlung abgelehnt. Diese ist der Ansicht, dass der Kläger für die inserierte Stelle aufgrund einer Überqualifizierung ungeeignet sei. Weiterhin sei auch die Bewerbung des Klägers nicht ernsthaft, da es sich bei dem Kläger um einen sog. AGG-Hopper handelt.

Die Klage wurde aufgrund des o. g. Sachverhalts von dem zuständigen Richter abgewiesen. Das Urteil wurde damit begründet, dass es dahinstehen kann, ob der Kläger vorliegend überhaupt für die angebotene Stelle objektiv geeignet gewesen sei. Dies erscheint jedoch äußerst zweifelhaft, da der Kläger als gelernter Bankkaufmann durchaus überqualifiziert scheint. Es fehle aber auch an der Ernsthaftigkeit der Bewerbung. Bei der Bewerbung des Klägers handele es sich ersichtlich um eine Art Rundschreiben, welches nur ansatzweise einen direkten Bezug zur angebotenen Stelle enthalte. Weiterhin erweckt die Bewerbung des Klägers den Eindruck, dass diese nur aus unstrukturiert aneinander gereihten Textbausteinen bestehen würde.

Berücksichtigung findet jedoch der Umstand, dass der Kläger zahlreiche weitere Klagen nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz angestrengt habe. Der Kläger ist insoweit beim Amtsgericht München bereits gerichtsbekannt. Weitere Klagen u. a. auch vor dem Arbeitsgericht München kommen noch hinzu.
In diesem Zusammenhang hat das Gericht in seinem Urteil weiterhin auf das vermutlich versehentlich im Rahmen des Schreibens vom 26.09.2016 eingereichten Anlagenkonvoluts hingewiesen. Auf Seite 2 des Anlagenkonvoluts hat der Kläger auf eine E-Mail des Herrn Rüdiger N. geantwortet und dabei u. a. ausgeführt, dass er mit seinen „AGG-Klagen“ insgesamt 1.010,00 € verdient habe und hiervon gut leben könne.

Diese Aussage wertet das Gericht insgesamt so, dass der Kläger bereits gewerbsmäßig AGG-Klagen anstrengt, um damit zumindest einen Teil seines Lebensunterhaltes zu bestreiten. Die Beklagte habe zwar gegen die Vorgaben des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) verstoßen, dem Beklagten stünden jedoch aufgrund dieses Umstandes keine Ansprüche mehr zu.

Sie benötigen zu diesem Thema eine Beratung? Dann rufen Sie uns an! Anwaltskanzlei Bauer & Kollegen




weiter