29.05.2020 von Bianca Dlugosch

Widerruf von Darlehen ab 2010 möglich

Neue Entscheidung des EuGH, Urteil vom 26.03.2020, Az. C-66/19

Am 26.03.2020 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass eine Widerrufsbelehrung, welche der Bundesgerichtshof bisher als ordnungsgemäß erachtet hat, nun mit dem Europäischen Recht unvereinbar ist.

Neue Urteile der deutschen Gerichte, insbesondere des Bundesgerichtshofes, gibt es hierzu allerdings noch nicht. Es steht jedoch zu erwarten, dass auch diese die bisherige Rechtsprechung dazu ändern werden.

Der Bundesgerichtshof hatte bereits in anderen Verfahren festgestellt, dass die vollständige Übernahme des gesetzlichen Musters im Wortlaut als unbedenklich und somit als ordnungsgemäß erachtet werden kann. Allerdings kann auch die neuere Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes nicht ignoriert werden.

Zum Sachverhalt:

Der EuGH hatte über eine Widerrufsbelehrung in einem Darlehensvertrag zu entscheiden. Diese enthielt u. a. folgenden Text:

„Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehnsnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB (z. B. Angaben zur Art des Darlehens, Angaben zum Nettodarlehensbetrag, Angabe zur Vertragslaufzeit) erhalten hat. …“

Viele Darlehensverträge, welche zwischen den Jahren 2010 und 2016 abgeschlossen wurden, enthalten diese Formulierung. Dies ist deshalb so, da auch das Musterbeispiel im EGBGB (Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch) eine derartige Formulierung enthält.

In dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes wurden zwei wesentliche Aussagen zu den Anforderungen eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung gemacht:

1. Die Widerrufsbelehrung und insbesondere die Widerrufsfrist müssen in klarer und prägnanter Form angegeben werden.
2. Hinsichtlich der Pflichtangaben darf nicht einfach auf einen Paragrafen verwiesen werden, der seinerseits wieder auf andere Vorschriften verweist.

Eine Sparkasse hatte gegen diese beiden Vorschriften verstoßen. Diese hat die Widerrufsinformation unter Ziffer 14 des Darlehensvertrages in den dortigen Text integriert. Hier gab es zudem den Verweis auf Paragrafen.

Die Widerrufsfrist ist nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofes in klarer und prägnanter Form anzugeben. Daher reicht es nicht aus, die Widerrufs- und Fristenbelehrung in den Fließtext des Darlehensvertrages zu integrieren. Bisher wurde dies jedoch von vielen Kreditinstituten so gehandhabt, vor allem bei den Sparkassen.
Eine Verweisung auf § 492 Abs. 2 BGB, welcher wiederum auf etliche Vorschriften im EGBGB (Einführungsgesetzbuch zum BGB) verweist, ist für jeden Verbraucher einfach zu kompliziert, um dies verständlich nachvollziehen zu können. Diese Kaskadenverweisung findet sich in den meisten Darlehensverträgen im Zeitraum von 2010 bis 2016, aber auch in Kfz-Leasingverträgen. Der Mustertext im EGBGB sah dies damals so vor.

Im Umkehrschluss heißt dies, dass alle Darlehensnehmer, welche ihre Immobilie in den Jahren zwischen 2010 und 2016 finanziert oder umgeschuldet haben, nun überprüfen sollten, ob dieser Verweis auf § 492 Abs. 2 BGB in der Widerrufsbelehrung enthalten ist. Dies gilt auch für etwaige Kfz-Leasingverträge.

Gerne können wir auch im Rahmen eines Beratungsgespräches diese Überprüfung für Sie vornehmen. Durch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes könnte bei vielen Kreditinstituten ein Entgegenkommen sowie auch eine außergerichtliche Einigung zustande kommen.

Bitte vereinbaren Sie hierzu einen Gesprächstermin! Anwaltskanzlei Bauer & Kollegen




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