28.02.2025 von Sven M. Bauer
Welche Folgen haben wiederholte Verkehrsverstöße in der Probezeit?
Am 10. Oktober 2024 entschied das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig über einen Fall, der die Frage der Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens (MPU) nach wiederholten Verkehrsverstößen während der Probezeit behandelte (Az.: 3 C 3.23). Der Kläger hatte nach dem Verzicht auf seine Fahrerlaubnis und deren späterer Neuerteilung erneut gegen Verkehrsregeln verstoßen. Erfahren Sie mehr über die Entscheidung des Gerichts in unserem heutigen Blogartikel.
Ein junger Fahrer und seine Herausforderungen
Der Kläger, ein junger Mann, erhielt im Juli 2014 erstmals seine Fahrerlaubnis der Klasse B. Bereits kurze Zeit später geriet er bei einer allgemeinen Verkehrskontrolle wegen Drogenkonsums in Schwierigkeiten. Dies führte dazu, dass die Fahrerlaubnisbehörde ein medizinisch-psychologisches Gutachten anforderte, um seine Fahreignung zu überprüfen. Das Ergebnis des Gutachtens war negativ, was bedeutete, dass der Kläger als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen eingestuft wurde. Daraufhin entschied er sich im April 2015, freiwillig auf seine Fahrerlaubnis zu verzichten, um einer formellen Entziehung zuvorzukommen.
Im Juli 2020, nach Vorlage eines positiven MPU-Gutachtens und der Teilnahme an einem Aufbauseminar, erhielt der Kläger seine Fahrerlaubnis erneut. Zwei Monate später ignorierte er jedoch eine rote Ampel, die bereits länger als eine Sekunde rot war. Dies stellt einen schwerwiegenden Verkehrsverstoß dar, der zu einem Bußgeldbescheid führte. Aufgrund dieses erneuten Verstoßes ordnete die Fahrerlaubnisbehörde erneut die Beibringung eines MPU-Gutachtens an, gestützt auf § 2a Abs. 5 Satz 5 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG). Der Kläger legte das geforderte Gutachten aber nicht fristgerecht vor, woraufhin ihm die Fahrerlaubnis im März 2021 entzogen wurde.
Der Kläger erhob Klage gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis. Das Verwaltungsgericht (VG) Koblenz gab ihm zunächst Recht und hob die Entziehung auf. Das VG argumentierte, dass die Anordnung eines erneuten MPU-Gutachtens nicht auf § 2a Abs. 5 Satz 5 StVG gestützt werden könne, da diese Vorschrift nur nach einer vorausgegangenen Entziehung der Fahrerlaubnis gelte und nicht nach einem Verzicht. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Koblenz sah dies anders und wies die Klage ab, indem es die Vorschrift auch auf Fälle des Verzichts für anwendbar hielt.
Entscheidung des BVerwG
Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte die Entscheidung des OVG Koblenz und wies die Revision des Klägers zurück. Es stellte klar, dass die Anforderung eines MPU-Gutachtens in Fällen wie dem vorliegenden auf § 2a Abs. 5 Satz 5 StVG in entsprechender Anwendung gestützt werden könne. Das Gericht argumentierte, dass der Gesetzgeber mit der Einführung der Fahrerlaubnis auf Probe im Jahr 1986 und den späteren Änderungen des Straßenverkehrsgesetzes verhindern wollte, dass Fahranfänger durch Verzicht und anschließenden Neuerwerb der Fahrerlaubnis die Probezeitregelungen umgehen.
Das BVerwG führte aus, dass die Regelungen zur Fahrerlaubnis auf Probe darauf abzielen, die Verkehrssicherheit zu erhöhen und Fahranfängern deutlich zu machen, dass sie sich in einer Probezeit bewähren müssen. Der Verzicht auf die Fahrerlaubnis und deren anschließende Neuerteilung dürften nicht dazu führen, dass die besonderen Maßnahmen der Probezeit umgangen werden. Daher sei es gerechtfertigt, die Vorschriften zur Anordnung eines MPU-Gutachtens auch auf Fälle des Verzichts anzuwenden, wenn der Fahrerlaubnisinhaber in der neuen Probezeit erneut schwerwiegende Verkehrsverstöße begeht.
Das Gericht betonte, dass eine solche analoge Anwendung der Vorschrift notwendig sei, um eine Regelungslücke zu schließen und sicherzustellen, dass die Ziele der Fahrerlaubnis auf Probe nicht unterlaufen werden. Die Anordnung eines MPU-Gutachtens sei verhältnismäßig und diene dem legitimen Zweck, die Eignung des Fahranfängers zum Führen von Kraftfahrzeugen zu überprüfen und die Verkehrssicherheit zu gewährleisten.
Fazit
Insgesamt bestätigte das Bundesverwaltungsgericht die Rechtmäßigkeit der Entziehung der Fahrerlaubnis des Klägers, da dieser das geforderte MPU-Gutachten nicht fristgerecht vorgelegt hatte. Die Entscheidung verdeutlicht, dass die Regelungen zur Fahrerlaubnis auf Probe streng angewendet werden, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen und Fahranfänger zu verantwortungsbewusstem Verhalten im Straßenverkehr zu erziehen.
Die Anwaltskanzlei Bauer & Kollegen aus Brühl steht Ihnen gerne für eine persönliche Beratung zur Verfügung. Unser erfahrenes Team von Anwälten kann Ihnen helfen, die Auswirkungen dieser Entscheidung aus dem Verkehrsrecht zu verstehen und Sie bei rechtlichen Fragen unterstützen.
Dieser Blog-Artikel dient nur zu Informationszwecken und stellt keine Rechtsberatung dar. Bei spezifischen Fragen oder Anliegen sollten Sie sich an einen qualifizierten Rechtsanwalt wenden.
Quelle der Entscheidung: Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Oktober 2024, oder: Direktlink zur Entscheidung des Gerichtes.