06.09.2023 von Bianca Dlugosch

Verfall von Urlaubsansprüchen

In diesem Artikel befassen wir uns mit einem Urteil des Bundesarbeitsgericht vom 20.12.2022 (Aktenzeichen 9 AZR 266/20).
Der Fall befasst sich mit einer langjährig beschäftigten Steuerfachangestellten und dem Verfall von Urlaubsansprüchen. In diesem Blog-Artikel werden wir die Details des Urteils und seine Bedeutung für Arbeitnehmer und Arbeitgeber erörtern.

 

Der Hintergrund des Falls

Die Klägerin, eine Steuerfachangestellte und Bilanzbuchhalterin, war vom 1. November 1996 bis zum 31. Juli 2017 bei dem Beklagten beschäftigt. Sie hatte im Kalenderjahr Anspruch auf 24 Arbeitstage Erholungsurlaub. Mit Schreiben vom 1. März 2012 bescheinigte der Beklagte der Klägerin, dass ihr Resturlaubsanspruch von 76 Tagen nicht verfalle, da sie den Urlaub aufgrund des hohen Arbeitsaufwands nicht antreten konnte.

In den Jahren 2012 bis 2017 gewährte der Beklagte der Klägerin an insgesamt 95 Arbeitstagen Urlaub. Ihren gesetzlichen Mindesturlaub nahm die Klägerin jedoch nicht vollständig in Anspruch. Der Beklagte hat die Klägerin weder aufgefordert, weiteren Urlaub zu nehmen, noch darauf hingewiesen, dass nicht beantragter Urlaub verfallen könnte.

Mit der am 6. Februar 2018 erhobenen Klage hat sie die Abgeltung von 101 Urlaubstagen aus dem Jahr 2017 und den Vorjahren verlangt. Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, der Urlaub der Klägerin sei verfallen.

 

Das Urteil und seine Begründung – Verjährung ja oder nein?

Das Bundesarbeitsgericht ersuchte den Gerichtshof der Europäischen Union um Vorabentscheidung über die Frage, ob das Unionsrecht die Verjährung des Urlaubsanspruchs nach Ablauf der regelmäßigen Verjährungsfrist gemäß § 194 Abs. 1, § 195 BGB gestattet, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht durch entsprechende Aufforderung und Hinweise tatsächlich in die Lage versetzt hat, seinen Urlaubsanspruch auszuüben.

Das Gericht kam zu dem Schluss, dass der Anspruch auf gesetzlichen Mindesturlaub nur dann am Ende des Kalenderjahres oder eines zulässigen Übertragungszeitraums erlischt, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor in die Lage versetzt hat, seinen Urlaubsanspruch wahrzunehmen, und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat.

 

Was das Urteil für Ihren Urlaubsanspruch bedeutet

Das Urteil stärkt die Rechte von Arbeitnehmern, indem es klare Richtlinien für die Verjährung von Urlaubsansprüchen festlegt. Arbeitgeber müssen nun proaktiv sicherstellen, dass ihre Mitarbeiter in der Lage sind, ihren Urlaubsanspruch wahrzunehmen, und sie müssen klare und rechtzeitige Hinweise geben, dass der Urlaub mit Ablauf des Kalenderjahres oder Übertragungszeitraums verfallen könnte.

 

Schlussfolgerung

Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 20. Dezember 2022 klärt wesentliche Fragen rund um die Verjährung von Urlaubsansprüchen. Es legt fest, dass Arbeitgeber eine aktive Rolle in der Information und Aufklärung der Arbeitnehmer einnehmen müssen. Durch diese Entscheidung werden die Rechte der Arbeitnehmer in Bezug auf ihre Urlaubsansprüche gestärkt. Gleichzeitig erhöht sich die Verantwortung der Arbeitgeber, diese Rechte transparent zu machen. Das Urteil dient als wichtige Orientierung für beide Seiten und könnte zukünftig in ähnlichen Fällen als Referenz herangezogen werden.

Wir stehen Ihnen gerne für eine persönliche Beratung zur Verfügung. Unser erfahrenes Team von Anwälten kann Ihnen helfen, die Auswirkungen dieses Urteils zu verstehen und Sie bei allen rechtlichen Fragen zu unterstützen. Anwaltskanzlei Bauer & Kollegen

 

Dieser Blog-Artikel dient nur zu Informationszwecken und stellt keine Rechtsberatung dar. Bei spezifischen Fragen oder Anliegen sollten Sie sich an einen qualifizierten Rechtsanwalt wenden.

Quelle der Entscheidung: Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 20.12.2022, oder: Direktlink zur Entscheidung des Gerichtes.

 




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