15.11.2024 von Sven M. Bauer
Unzulässige Mieterhöhung trotz Inflation?
In einem aktuellen Fall hat das Landgericht München I am 17. Juli 2024 (Az.: 14 S 3692/24) entschieden, dass eine Mieterhöhung, die den Mietspiegel aufgrund gestiegener Inflation übersteigt, unzulässig ist. Über die Zulässigkeit von Mieterhöhungen haben wir bereits in diesem Artikel geschrieben. Dieses Urteil betrifft eine Vielzahl von Mietverhältnissen und bringt Klarheit in die Debatte um den sogenannten „Stichtagszuschlag“. Doch was steckt hinter diesem Fall, und welche Auswirkungen hat die Entscheidung auf Mieter und Vermieter?
Die Ausgangslage: Der Anlass für die rechtliche Auseinandersetzung
Die Klägerin, eine Vermieterin, forderte von ihren Mietern eine Erhöhung der Miete, die über den im Mietspiegel 2023 festgelegten Betrag hinausging. Sie begründete ihre Forderung mit der stark gestiegenen Inflation seit der Erstellung des Mietspiegels. Insbesondere argumentierte sie, dass der Verbraucherpreisindex, der von Januar 2022 bis Juni 2023 um über 11 % gestiegen sei, eine ungewöhnliche Steigerung der ortsüblichen Vergleichsmiete rechtfertige.
Vor dem Amtsgericht München hatten die Mieter einer moderaten Erhöhung der Miete zugestimmt, lehnten jedoch den weiteren Anstieg ab, den die Vermieterin mit einem sogenannten „Stichtagszuschlag“ begründen wollte. Dieser Zuschlag sollte die zwischen der Erstellung des Mietspiegels und dem Mieterhöhungsverlangen aufgetretenen Preissteigerungen ausgleichen. Die Vermieterin argumentierte zudem, dass die Ausstattung der Wohnung mit einer „offenen Küche“ einen weiteren Mietzuschlag rechtfertigen würde.
Das Amtsgericht folgte dieser Argumentation nicht und wies die Klage ab. Die Begründung: Eine offene Küche lag nicht vor, da lediglich die Küchentür entfernt worden war, was die Küche nicht zu einem offenen, mit dem Wohnraum verbundenen Bereich machte. Auch der Stichtagszuschlag wurde vom Gericht abgelehnt, da der Verbraucherpreisindex für eine solche Mieterhöhung nicht als Grundlage dienen könne. In der Berufung vor dem Landgericht München I hielt die Klägerin an ihrem Standpunkt fest, scheiterte jedoch erneut.
Urteilsbegründung: Die Entscheidung des Landgerichts München I
Das Landgericht München I bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts und verneinte den Anspruch der Klägerin auf eine Mieterhöhung über den Mietspiegel hinaus. Das Gericht führte aus, dass der Mietspiegel als stabilisierendes Instrument auf angespannten Mietmärkten fungiert und nicht durch eine inflationsbedingte „Stichtagspraxis“ aufgeweicht werden solle. Eine Erhöhung der Vergleichsmiete, basierend auf dem Verbraucherpreisindex, sei unzulässig, da dieser Index die allgemeine Preisentwicklung aller Güter und Dienstleistungen umfasst und keine spezifische Aussagekraft für Mietentwicklungen habe.
Weiter argumentierte das Gericht, dass eine Annahme eines Stichtagszuschlags zu erheblichen Rechtsunsicherheiten führen könne. Der sogenannte Index für Nettokaltmieten, der nur einen Anstieg von etwa 3 % verzeichnete, wurde als nicht ausreichend für eine außergewöhnliche Mieterhöhung angesehen. Das Gericht betonte, dass die Funktion eines Mietspiegels darin besteht, eine verlässliche und friedliche Lösung für Mietanpassungen zu bieten, ohne dass jedes Mal die Inflation als Begründung angeführt werden kann.
Diese Entscheidung verdeutlicht die Wichtigkeit, die Mieterhöhungen ausschließlich innerhalb der durch den Mietspiegel gesteckten Grenzen zu betrachten und nicht auf externe Indizes oder allgemeine Inflationsraten zurückzugreifen. Die Entscheidung des Landgerichts München I zeigt, dass der Mietspiegel ein zentrales Element zur Stabilisierung des Mietmarktes darstellt und nicht durch individuelle Anpassungen gefährdet werden sollte.
Die Anwaltskanzlei Bauer & Kollegen aus Brühl steht Ihnen gerne für eine persönliche Beratung zur Verfügung. Unser erfahrenes Team von Anwälten kann Ihnen helfen, die Auswirkungen dieser Entscheidung aus dem Mietrecht zu verstehen und Sie bei rechtlichen Fragen unterstützen.
Dieser Blog-Artikel dient nur zu Informationszwecken und stellt keine Rechtsberatung dar. Bei spezifischen Fragen oder Anliegen sollten Sie sich an einen qualifizierten Rechtsanwalt wenden.
Quelle der Entscheidung: Entscheidung des Landgerichts München I vom 17. Juli 2024, oder: Direktlink zur Entscheidung des Gerichtes.