17.03.2025 von Sven M. Bauer
Streit um Rückforderung von Bankentgelten
Am 19. November 2024 entschied der Bundesgerichtshof (BGH) über die Rückzahlungspflicht einer Sparkasse wegen unrechtmäßig erhobener Kontoführungsentgelte und Gebühren für eine Girokarte. Der Fall dreht sich um die Frage, ob die fortgesetzte Nutzung eines Girokontos als Zustimmung zu geänderten Vertragsbedingungen gewertet werden kann. Das Urteil kann für Bankkunden von Relevanz sein, die sich in einer ähnlichen Situation befinden.
Langjährige Kundenbeziehung und umstrittene Entgelte
Der Kläger, ein langjähriger Kunde der beklagten Sparkasse, führte seit mehreren Jahren zwei Girokonten bei der Bank. Bis zum Jahr 2018 musste er keine Kontoführungsentgelte zahlen. Im Oktober 2017 informierte die Sparkasse den Kläger darüber, dass ab dem 1. Januar 2018 Kontoführungsentgelte und Gebühren für die Girokarte erhoben würden. Diese Änderung sollte gemäß einer Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Sparkasse gelten, die besagte, dass die Zustimmung des Kunden zu Änderungen als erteilt gilt, wenn er nicht innerhalb einer bestimmten Frist widerspricht. Diese Art von Klausel wird als Zustimmungsfiktion bezeichnet.
Der Kläger war mit dieser Änderung nicht einverstanden und fragte bei der Sparkasse nach einer kostenlosen Alternative. Nachdem die Sparkasse ihm keine solche Alternative anbieten konnte, kündigte er eines der beiden Girokonten. Das andere Konto behielt er jedoch bei. Ab dem 1. Januar 2018 erhob die Sparkasse eine monatliche Grundgebühr von 3,50 € für die Führung des verbleibenden Girokontos sowie eine jährliche Gebühr von 6 € für die Girokarte. Der Kläger stimmte diesen Änderungen nicht aktiv zu, und die Sparkasse buchte die Entgelte weiterhin von seinem Konto ab.
Im Juli 2021 widersprach der Kläger der Erhebung der Entgelte und forderte die Rückzahlung der in den Jahren 2018 bis 2021 gezahlten Gebühren in Höhe von insgesamt 192 €. Zudem wollte er feststellen lassen, dass die Sparkasse verpflichtet sei, ihm jeden weiteren künftigen Schaden zu ersetzen, der ihm durch die Einziehung nicht vereinbarter Bankentgelte nach dem Jahr 2021 entstehe. Sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht wiesen die Klage ab, woraufhin der Kläger Revision beim BGH einlegte.
Urteil des Bundesgerichtshofs zu Zustimmungsfiktionen
Der Bundesgerichtshof hob das Urteil des Berufungsgerichts auf und entschied zugunsten des Klägers. Der BGH stellte fest, dass der Kläger einen Anspruch auf Rückzahlung der Kontoführungsentgelte und der Gebühren für die Girokarte hat. Die Sparkasse habe die Entgelte ohne Rechtsgrund vereinnahmt, da der Kläger der Änderung der Entgeltbedingungen nicht konkludent durch die fortgesetzte Nutzung des Girokontos zugestimmt habe.
Der BGH argumentierte, dass die fortlaufende Nutzung eines Girokontos keinen objektiven Erklärungswert dahingehend hat, dass der Kontoinhaber den geänderten Bedingungen zustimmt. Der Zugang zu einem Girokonto sei eine unabdingbare Voraussetzung für die Teilnahme am unbaren Zahlungsverkehr und von essentieller Bedeutung für die uneingeschränkte Teilhabe am wirtschaftlichen und sozialen Leben. Daher könne die Nutzung des Kontos allein nicht als Zustimmung zu geänderten AGBs gewertet werden.
Zudem erklärte der BGH, dass die Zustimmungsfiktion in den AGB der Sparkasse unwirksam sei. Eine solche Klausel sei im Verkehr mit Verbrauchern gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Daher könne die Sparkasse die Änderungen der Entgeltabreden nicht auf diese Klausel stützen.
Anzumerken ist zudem, dass der BGH die sogenannte Dreijahreslösung, die bei unwirksamen Preisanpassungsklauseln in Energielieferungsverträgen angewandt wird, nicht auf den vorliegenden Fall übertrug. Diese Lösung besagt, dass ein Kunde die Unwirksamkeit von Preiserhöhungen nicht mehr geltend machen kann, wenn er sie nicht innerhalb von drei Jahren nach Zugang der Jahresabrechnung beanstandet hat. Der BGH entschied, dass diese Regelung nicht auf unwirksame Zustimmungsfiktionen von Banken und Sparkassen anwendbar ist.
Schließlich stellte der BGH fest, dass die Sparkasse verpflichtet ist, dem Kläger jeden weiteren künftigen Schaden zu ersetzen, der ihm durch die Einziehung nicht vereinbarter Bankentgelte nach dem Jahr 2021 entsteht. Dies umfasst insbesondere die Gebühren für die Führung des Girokontos und die Girokarte ab dem Jahr 2022.
Fazit
Dieses Urteil zeigt, dass Banken und Sparkassen nicht einfach durch die fortgesetzte Nutzung eines Kontos die Zustimmung zu geänderten Vertragsbedingungen annehmen können. Kunden sollten ihre Rechte kennen und gegebenenfalls rechtliche Schritte in Erwägung ziehen, wenn sie sich in einer ähnlichen Situation befinden.
Die Anwaltskanzlei Bauer & Kollegen aus Brühl steht Ihnen gerne für eine persönliche Beratung zur Verfügung. Unser erfahrenes Team von Anwälten kann Ihnen helfen, die Auswirkungen dieser Entscheidung aus dem Bankrecht zu verstehen und Sie bei rechtlichen Fragen unterstützen.
Dieser Blog-Artikel dient nur zu Informationszwecken und stellt keine Rechtsberatung dar. Bei spezifischen Fragen oder Anliegen sollten Sie sich an einen qualifizierten Rechtsanwalt wenden.
Quelle der Entscheidung: Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 19. November 2024, oder: Direktlink zur Entscheidung des Gerichtes.