28.05.2018 von Bianca Dlugosch

Sanierungspflichten in einem in Wohnungs- und Teileigentum aufgeteilten Altbau

BGH, Urteil vom 04.05.2018, Az. V ZR 203/17

Der Bundesgerichtshof entschied in dem Urteil vom 04.05.2018 darüber, ob Feuchtigkeitsschäden in einem gemeinschaftlichen Bereich des Eigentums saniert werden müssen.

Folgender Sachverhalt liegt dem zugrunde:

Die Parteien des Rechtsstreits bilden zusammen eine Wohnungs- und Teileigentümergemeinschaft des im Jahre 1890 errichteten Gebäudes. Dieses wurde im Jahre 1986 in 12 Wohnungen und 3 Teileigentumseinheiten aufgeteilt. Die Kläger dieses Verfahrens sind Eigentümer der 3 Teileigentumseinheiten. Diese befinden sich im Souterrain des Gebäudes. Die Wände der Teileigentumseinheiten wiesen jedoch Durchfeuchtungen auf. Aufgrund dessen hat die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) im Jahr 2010 ein Gutachten eines Ingenieurbüros eingeholt. Ein weiteres Gutachten wurde sodann von einem Architekten im Jahr 2011 eingeholt. Sowohl das Gutachten des Ingenieurbüros als auch das Gutachten des Architekten stellten folgende Schadensursachen fest: eine fehlende außenseitige Sockelabdichtung, eine fehlende Horizontalsperre sowie im Mauerwerk eingelagerte Salze. In der am 31.03.2015 stattgefundenen Eigentümerversammlung wurden die Anträge der Kläger auf Beseitigung der Feuchtigkeitsschäden (TOP 2a) als auch die Instandsetzung der Teileigentumseinheiten durch Einbringung einer Horizontalsperre im Mauerwerk und Aufbringung einer Vertikalsperre auf den erdberührten Außenwänden (TOP 2b) abgelehnt. Seitens der WEG wurde sodann beschlossen, ein weiteres Sachverständigengutachten (TOP 2f) einzuholen.

Die Kläger wenden sich mit ihrer Anfechtungsklage gegen die in der Eigentümerversammlung gefassten Beschlüsse zu TOP 2a, 2b und 2f. Weiterhin haben die Kläger in der Klage beantragt, die Beklagten zu verurteilen, den Beschlussanträgen zu TOP 2a und 2b zuzustimmen bzw. eine gerichtliche Beschlussersetzung hierüber vorzunehmen. Das erstinstanzlich befasste Amtsgericht Hamburg hatte jedoch die Klage mit Urteil vom 07.12.2015, Az. 11 C 22/15, abgewiesen. Die Kläger legten daraufhin Berufung beim Landgericht Hamburg ein, welches der Klage mit Urteil vom 28.06.2017, Az. 318 S 9/16, stattgegeben hatte. Die Revision wurde allerdings durch das Landgericht Hamburg ebenfalls zugelassen.

Die Beklagten legten sodann Revision beim Bundesgerichtshof (BGH) ein. Diese wollen damit erreichen, dass die Klage insgesamt abgewiesen wird.

Der BGH hat mit seinem Urteil vom 04.05.2018 die Revision der Beklagten zurückgewiesen und insoweit eine Sanierungspflicht der WEG angenommen.

Das Gericht ersetzte mit seiner Entscheidung insoweit die in dem Grundlagenbeschluss zu TOP 2a beantragte Beseitigung der Feuchtigkeitsschäden, da die Kläger einen Anspruch auf Sanierung des Gemeinschaftseigentums haben. Das gemeinschaftliche Eigentum muss in diesem Fall in einem solchen baulichen Zustand sein, dass auch das Sondereigentum zu dem Zweck, welcher in der Teilungserklärung vorgesehen ist, genutzt werden kann. Wenn das Gemeinschaftseigentum bauliche Mängel aufweist und die Nutzung von Wohnungs- oder Teileigentumseinheiten dadurch beeinträchtigt oder evtl. gar nicht mehr nutzbar ist, macht dies eine sofortige Instandsetzung erforderlich. Jeder einzelne Wohnungseigentümer kann insoweit die Sanierung gemäß § 21 Abs. 4 WEG verlangen. Da es hier um die Durchfeuchtung der Innen- und Außenwände der Teileigentumseinheiten geht, welche ihre Ursache in einer fehlenden Abdichtung des Gebäudes haben und damit innerhalb des Gemeinschaftseigentums liegt, ist die Sanierung des Gebäudes grundsätzlich die Aufgabe aller Wohnungseigentümer. Die Teileigentumseinheiten müssen dazu geeignet sein, u. a. als Büro bzw. Laden, so wie in diesem Fall in der Teilungserklärung beschrieben, genutzt werden zu dürfen. Die Kläger müssen daher die massiven Durchfeuchtungen der Innen- und Außenwände nicht hinnehmen. Dies ist auch dann der Fall, wenn noch kein gesundheitsschädlicher Schimmel aufgetreten ist.

Eine entsprechende Sanierung des Gebäudes ist den Beklagten nach Ansicht des Gerichts auch zuzumuten. Wenn der Erhalt der Gebäudesubstanz gefährdet ist, muss insoweit auch saniert werden. Liegt keine Gefährdung der Gebäudesubstanz vor, so ließe sich die Sanierung nur dadurch vermeiden, dass die Teilungserklärung hinsichtlich des Nutzungszwecks der betroffenen Einheiten (hier: Nutzung als Kellerräume) geändert wird. Der Senat hat jedoch offen gelassen, ob Durchfeuchtungen in Kellerräumen, welche als Teileigentumseinheiten genutzt werden, hingenommen werden müssen und ob unverhältnismäßig hohe Kosten der Instandsetzung dazu führen können, dass die anderen Wohnungseigentümer einen Anspruch auf Anpassung der in der Teilungserklärung genannten Zweckbestimmung haben.

Es handelte sich hierbei um einen massiven Eingriff in das Eigentumsrecht der jeweiligen Eigentümer. Diese konnten ihre Einheiten nicht mehr, wie zuvor, als Laden- oder Bürofläche nutzen. Allerdings war ein solcher Anpassungsanspruch auch nicht Gegenstand des Verfahrens. Nur in Ausnahmefällen kann daher eine solche Anpassung der Teilungserklärung als letztmögliche Lösung sowie auch gegen Ausgleichszahlungen durch das Gericht in Betracht gezogen werden. Von einem solchen Ausnahmefall kann hier allerdings nicht ausgegangen werden.
Das Landgericht Hamburg stellte bereits fest, dass sich die Feuchtigkeit der Innen- und Außenwände beheben lässt. Die durch die Klägerseite angegebenen Sanierungskosten in Höhe von 300.000,00 € hielt das zweitinstanzliche Gericht grundsätzlich für hoch, allerdings ist auch nicht ersichtlich, dass diese nicht im Verhältnis zu dem erzielbaren Nutzen für die Gebäudesubstanz im Allgemeinen und die drei Einheiten der Klägerseite im Besonderen stehen.

In diesem Zusammenhang musste auch die gerichtliche Beschlussersetzung hinsichtlich des Beschlussantrages zu TOP 2b erfolgen. Nach Vorlage eines Sachverständigengutachtens ging das Landgericht insoweit davon aus, dass nur das vorgesehene Sanierungsverfahren einer ordnungsgemäßen Verwaltung entsprach. Die näheren Details sollten einer fachgerechten Sanierungsplanung vorbehalten bleiben.

Den Beschlussanfechtungsklagen hat das Gericht zu Recht stattgegeben. Die Eigentümer hatten bereits vor der entsprechenden Eigentümerversammlung zwei Privatgutachten in Auftrag gegeben, welche die Schadensursache übereinstimmend benannt und Sanierungsmöglichkeiten aufgezeigt hatten. Das Landgericht schlussfolgerte indessen, dass es einer nicht ordnungsgemäßen Verwaltung entsprach, die Sanierungsanträge abzulehnen (TOP 2a und 2b) sowie den Beschluss über die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens (TOP 2f). Es widersprach auf jeden Fall einer ordnungsgemäßen Verwaltung, die für das Gebäude erforderliche Sanierung mit den in der Eigentümerversammlung angefochtenen Beschlüssen weiter zu verzögern.

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