23.02.2021 von Bianca Dlugosch

Rücktritt und Schadenersatz statt Leistung nur nach Fristsetzung

BGH, Urteil vom 14.10.2020, Az. VIII ZR 318/19

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 14.10.2020 entschieden, dass ein Gläubiger Schadenersatz statt der Leistung verlangen kann. Der Gläubiger ist allerdings nur dann wirksam vom Vertrag zurückgetreten, wenn dem Schuldner eine angemessene Nachfrist gesetzt wurde und dieser auch nicht leistet. Ansonsten sind die Parteien verpflichtet, weiterhin ihren Vertrag zu erfüllen.

 

Zum Sachverhalt:

Die Parteien haben einen Vertrag über einen Jahreswagen von ca. 63.000,00 € geschlossen. Der Käufer leistete eine Anzahlung von rund 12.000,00 €. Eine Abholung sollte zunächst nach zwei, dann aber nach drei Wochen erfolgen. Der Restkaufpreis sollte dann ebenfalls beglichen werden. Der Käufer wollte den Abholungstermin jedoch erneut verschieben. Der Verkäufer setzte ihm daher eine Frist von 3 Tagen und teilte dem Käufer mit, falls der Handel nicht bis zum 11.07. abgewickelt ist, wird er den Pkw anderweitig verkaufen. Zwei Tage nach Ablauf dieser Frist trat der Verkäufer insoweit vom Vertrag zurück und teilte dem Käufer mit, sich Schadenersatzansprüche vorbehalten zu wollen.

Der säumige Abholer meldete sich dann am 18.07. und teilte dem Verkäufer mit, dass er den Kaufvertrag erfüllen will. Der Verkäufer verweigerte dies und gab den Pkw an einen anderen Käufer ab. Die bereits angezahlte Summe hat der Verkäufer nach Abzug des geltend gemachten Schadenersatzes in Höhe von 4.727,50 € an den Käufer zurück überwiesen.

Der Käufer klagte insoweit auf die vollständige Rückzahlung der geleisteten Anzahlung. Sowohl das Amts- als auch das Landgericht Köln gab dem Käufer Recht. Hiergegen wehrte sich der Verkäufer vor dem Bundesgerichtshof. Dies allerdings ohne Erfolg.

Der Bundesgerichtshof sah den Rücktritt des Verkäufers als unwirksam an, da der Verkäufer die Abholfrist zu kurz bemessen hat. Nur die alleinige Erklärung gemäß § 281 Abs. 4 BGB bewirkt keine Umwandlung des Erfüllungsanspruches in einen Schadenersatzanspruch. Es ist ebenfalls erforderlich, dass die Nichtleistung des Schuldners trotz Bestimmung einer angemessenen Frist erfüllt ist. Dies ergibt sich u. a. aus § 281 Abs. 1 bis 3 BGB i. V. m. § 280 Abs. 1 BGB. Das Landgericht Köln hat die Abholfrist als zu kurz beurteilt. Dies hat das Gericht rechtsfehlerfrei und bindend entschieden. Demnach ist auch ein Schadenersatzanspruch nicht entstanden.

Nach Ansicht des Bundesgerichtshofes ist die Klageerhebung schlüssig und der Rücktritt des Käufers wirksam. Mit dieser Rücktrittserklärung hat der Käufer deutlich gemacht, dass er ebenfalls nicht mehr die Erfüllung des Vertrages möchte. Der Käufer fordert daher eine Rückabwicklung des Vertrages. Der Rückzahlungsanspruch ergibt sich daher nicht aus den §§ 281 Abs. 5, 346 BGB, sondern aus §§ 323 Abs. 1 und 2, 346 Abs. 1 BGB. Nachdem sich der Verkäufer dazu entschieden hat, den Pkw anderweitig zu veräußern, ist der Käufer zum Rücktritt berechtigt gewesen. Der Bundesgerichtshof teilte in seiner Urteilsbegründung mit, dass das Landgericht Köln trotz falscher Begründung zum richtigen Ergebnis gekommen ist.

Weiterhin stellt der BGH klar, dass eine Rücktrittserklärung nach § 281 Abs. 4 BGB nur möglich ist, wenn die Voraussetzungen nach § 281 Abs. 1 bis 3 BGB gegeben sind. Dies erfordert die Nichtleistung des Schuldners trotz einer Bestimmung einer angemessenen Frist. Allerdings bewirkt diese alleinige Erklärung nicht die Umwandlung des Vertragsverhältnisses in ein Abwicklungsverhältnis.

Der Bundesgerichtshof teilte in seiner ausführlichen Urteilsbegründung mit, dass der Gläubiger auch dann noch ein Interesse an der Vertragserfüllung haben könnte, obwohl die Voraussetzungen des Schadenersatzanspruches gegeben sind. Dies wäre z. B. wenn der Verkäufer keinen weiteren Kaufinteressenten für den Pkw gehabt hätte. Dann soll der Verkäufer durch den Gesetzgeber ein Wahlrecht zwischen Erfüllung oder Schadenersatz haben. Der Schuldner dagegen hat Klarheit. Die Pflicht zur Vertragserfüllung gilt nämlich so lange, bis der Gläubiger Schadenersatz verlangt. Dies gilt auch trotz angemessener Fristsetzung.

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