24.03.2020 von Bianca Dlugosch

Relative Fahruntüchtigkeit allein reicht nicht für Kürzung der Leistung des Vollkaskoversicherers

OLG Brandenburg, Urteil vom 08.01.2020, Az. 11 U 197/18

Das Oberlandesgericht Brandenburg hat mit Urteil vom 08.01.2020 entschieden, dass für ein positives Ergebnis hinsichtlich der Fahruntüchtigkeit des Fahrers nicht allein die Feststellung einer Blutalkoholkonzentration im Bereich zwischen 0,2 und 1,1 ‰ genügt. In diesem Fall ging es um einen Blutalkoholwert von 0,49 ‰. Des Weiteren müssen speziell alkoholtypische Ausfallerscheinungen oder auch Fahrfehler gegeben sein, so dass der Fahrer zu einem sicheren Führen des Fahrzeuges im Straßenverkehr nicht mehr in der Lage war.

Zum Sachverhalt:

Nach Auffassung des Landgerichts Cottbus war der Kläger durch Alkohol von der Fahrbahn abgekommen und dadurch gegen einen Baum geprallt. Der Pkw hat durch den Unfall einen Totalschaden erlitten. Der Kläger behauptete, dass er nicht wegen seiner Alkoholisierung (0,49 Promille) verunfallt ist, sondern wegen einer Gruppe von Wildschweinen, welche die Fahrbahn von links nach rechts überquert haben.

Das Landgericht Cottbus hat dem Kläger sodann 50 % des Schadens als Ersatz von seiner Kaskoversicherung zugesprochen. Hinsichtlich der weiteren 50 % hat das Gericht die Klage abgewiesen.

Der Kläger legte daraufhin Berufung ein und begehrt somit auch den Ersatz der restlichen 50 %. Das Oberlandesgericht Brandenburg gab ihm Recht.

Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass es zunächst schon keine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit feststellen konnte. Der festgestellte Blutalkoholwert von 0,49 Promille hat insoweit im Bereich der relative Fahruntüchtigkeit gelegen. Der ärztliche Untersuchungsbericht bei Blutentnahme ergab, dass dem Kläger der Alkoholeinfluss äußerlich nicht anzumerken gewesen sei. Dieser entsprach daher zu Gunsten des Klägers.

Nach Ansicht des Gerichts ist der Unfall, welcher sich vormittags zwischen 10:00 Uhr und 11:00 Uhr ereignete, vermutlich auf andere Ursachen als Alkohol zurückzuführen. Es haben zwar nicht alle bereits vernommenen Zeugen bestätigt, dass zum Unfallzeitpunkt eine Gruppe Wildschweine zu sehen war. Dies spricht allerdings eher für die Glaubwürdigkeit des Klägers. Eine der Zeugen hat gegenüber dem Gericht schlüssig, glaubhaft und sehr gut nachvollziehbar den Unfallablauf, wie vom Kläger behauptet, geschildert. Der Senat hat sich hiervon bei einer weiteren Vernehmung des Zeugen überzeugt. Der Zeuge konnte dies auch anhand einer Karte von der Unfallörtlichkeit nochmals erklären.

Vor dem Hintergrund, dass der Kläger lediglich einen Blutalkoholwert von 0,49 Promille hatte, man spricht hier von einer relativen Fahruntüchtigkeit, kommt der Versicherung auch keine Beweiserleichterung zu Gute. Eine Kürzung der dem Kläger zustehenden Ansprüche kommt insoweit auch nicht in Betracht.

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