30.08.2024 von Sven M. Bauer
Räumung auch im Pflegeheim bei Mietrückständen?
In einem Urteil des Landgerichts Lübeck vom 25. April 2024 (Aktenzeichen: 5 O 197/23) wurde entschieden, dass eine ältere Frau, die in einem Pflegeheim lebt und über einen langen Zeitraum hinweg das Pflegegeld nicht vollständig bezahlt hat, das Heimzimmer räumen muss. Der Fall aus dem Mietrecht beleuchtet die Probleme, die entstehen können, wenn ein Heimbewohner oder dessen gesetzlicher Betreuer die finanziellen Verpflichtungen nicht erfüllt.
Hintergrund des Zahlungsverzugs und der rechtlichen Betreuung
Die betroffene Dame, die aufgrund ihres hohen Alters und gesundheitlicher Einschränkungen nicht mehr in der Lage war, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln, lebte seit März 2020 in einem Pflegeheim. Die monatlichen Pflegekosten betrugen 1.796,06 Euro. Trotz dieser Verpflichtung bezahlte sie das Pflegegeld nicht vollständig. Obwohl das Pflegeheim mehrfach Mahnungen verschickte, häuften sich die Rückstände auf über 35.000 Euro an.
Die ältere Frau stand unter der rechtlichen Betreuung einer Person, die an „Long Covid“ erkrankt war. Diese Erkrankung hinderte den Betreuer daran, seinen Pflichten nachzukommen. Allerdings unternahm der Betreuer auch keine Schritte, um einen anderen Betreuer zu bestellen, der sich um die Angelegenheiten der Frau hätte kümmern können. Diese Nichtbeachtung führte zu weiterem finanziellen Chaos.
Das Pflegeheim versuchte, die ausstehenden Beträge einzutreiben, indem es mehrfach Mahnungen verschickte und schließlich im Februar 2023 den Heimvertrag wegen Zahlungsverzug kündigte. Trotz dieser Maßnahmen wurden nur geringe Beträge von 4.000 Euro und 900 Euro gezahlt, was nicht ausreichte, um die Rückstände auszugleichen.
Angesichts dieser Situation reichte das Pflegeheim im August 2023 eine Klage beim Landgericht Lübeck ein, um die Räumung des Zimmers und die Übergabe der Räumlichkeiten zu erzwingen. Der betroffene Betreuer beantragte hingegen, die Klage abzuweisen oder zumindest eine Räumungsfrist zu gewähren, damit die ältere Frau mehr Zeit hätte, eine alternative Unterkunft zu finden.
Gerichtliche Anordnung der Räumung des Pflegeheimzimmers
Das Landgericht Lübeck entschied zugunsten des Pflegeheims und ordnete an, dass die ältere Frau das Zimmer im Pflegeheim räumen müsse. Die Entscheidung basierte auf der Tatsache, dass die Frau trotz Mahnungen und Kündigung den offenen Betrag nicht beglichen hatte. Das Gericht stellte fest, dass der Heimvertrag wirksam wegen Zahlungsverzug gekündigt worden war und die Frau kein Besitzrecht mehr an dem Zimmer hatte.
Ein wesentlicher Aspekt der Entscheidung war die Verantwortung des rechtlichen Betreuers. Obwohl der Betreuer aufgrund seiner eigenen Erkrankung nicht in der Lage war, seine Aufgaben zu erfüllen, hätte er Maßnahmen ergreifen müssen, um einen Ersatzbetreuer zu bestellen. Das Versäumnis, dies zu tun, wurde der betreuten Person zugerechnet. Das Gericht war der Ansicht, dass die Frau trotz ihres hohen Alters und ihrer gesundheitlichen Einschränkungen die Verantwortung für das Fehlverhalten ihres Betreuers tragen müsse.
Das Gericht lehnte auch den Antrag auf eine Räumungsfrist ab. In seiner Begründung führte es an, dass die Frau seit 2021 keine Anstrengungen unternommen hatte, die Zahlungen zu sichern oder eine alternative Unterkunft zu finden. Die wenigen geleisteten Zahlungen von 4.000 Euro und 900 Euro reichten nicht aus, um die erheblichen Rückstände auszugleichen. Zudem stellte das Gericht fest, dass die Zahlung des Pflegegeldes auch für die Dauer einer Räumungsfrist nicht gesichert wäre.
Das Urteil zeigt, wie wichtig es ist, dass rechtliche Betreuer ihre Aufgaben ernst nehmen und bei Bedarf rechtzeitig Maßnahmen ergreifen, um die Interessen der betreuten Person zu schützen. Die Entscheidung des Landgerichts Lübeck verdeutlicht auch die Konsequenzen, die aus dem Versäumnis resultieren, finanzielle Verpflichtungen zu erfüllen.
Sollten Sie oder ein Angehöriger in einer ähnlichen Situation sein, ist es ratsam, frühzeitig rechtlichen Rat einzuholen, um solche weitreichenden Konsequenzen zu vermeiden. Unsere Kanzlei steht Ihnen gerne mit kompetenter Beratung zur Seite.
Dieser Blog-Artikel dient nur zu Informationszwecken und stellt keine Rechtsberatung dar. Bei spezifischen Fragen oder Anliegen sollten Sie sich an einen qualifizierten Rechtsanwalt wenden.
Quelle der Entscheidung: Entscheidung des Landgerichts Lübeck vom April 2024, oder: Direktlink zur Entscheidung des Gerichtes.