27.04.2018 von Bianca Dlugosch

Mietwagen nach Verkehrsunfall nicht immer erforderlich

OLG Hamm, Urteil vom 23.01.2018, Az. 7 U 46/17

Das Oberlandesgericht Hamm entschied mit Urteil vom 23.01.2018, dass für den Geschädigten bei einer geringen Fahrleistung das Anmieten eines Ersatzwagens nach einem Verkehrsunfall nicht erforderlich ist. Hier steht dem Geschädigten insoweit nur eine Nutzungsausfallentschädigung zu.

Hierzu im Einzelnen zum Sachverhalt:

Am 09.02.2016 verursachte die Beklagte einen Verkehrsunfall. Hierbei wurde das Fahrzeug des Klägers beschädigt. Aufgrund dessen miete der Kläger am 22.02.2016 einen Ersatzwagen (Toyoto Aygo) an. Weiterhin beauftragte der Kläger eine Kfz-Werkstatt mit der Reparatur seines beschädigten Toyoto Yaris. Von dort aus wurde ein Kfz-Sachverständiger hinzugezogen, welcher die Schadensbegutachtung des Pkw vornahm. Der Kfz-Sachverständige ermittelte insoweit Reparaturkosten in Höhe von ca. 4.300,00 €, einen Wiederbeschaffungswert von 3.900,00 € sowie eine Reparaturdauer von vier bis fünf Arbeitstagen. Der Kläger beauftragte sodann die Kfz-Werkstatt mit der Instandsetzung seines Pkw. Nach Abschluss der Reparaturarbeiten hatte der Kläger den Mietwagen 11 Tage in Anspruch genom-men. In dieser Zeit fuhr der Kläger mit dem Ersatzwagen insgesamt 239 km.

Die beklagte Unfallverursacherin sowie deren Haftpflichtversicherung lehnten die Erstattung der Leihwagenkosten aufgrund der geringen Fahrleistung des Klägers ab. Die Beklagten hielten insoweit die Anmietung eines Ersatzwagens für nicht erforderlich.

Das erstinstanzliche Gericht (Landgericht Bielefeld) schloss sich mit seinem Urteil vom 01.06.2017 (Az. 2 O 203/16) dieser Rechtsauffassung an. Der Kläger hatte lt. dem Gutachten des Kfz-Sachverständigen mit einer Reparaturdauer von 4-5 Tagen zu rechnen. Das Landgericht Bielefeld gab in seiner Begründung an, dass der Kläger in dieser Zeit für anstehende Fahrten auch ein Taxi hätte nutzen können, da er seinen Pkw nicht für berufliche Zwecke benötigt hatte.

Auch in der Berufungsinstanz entschied das Oberlandesgericht Hamm zu Gunsten der Beklagten und sprach dem Kläger lediglich eine Nutzungsausfallentschädigung für eine Reparaturdauer von 5 Tagen à 23,00 €, mithin ein Betrag in Höhe von 115,00 € zu.

Da der Pkw des Klägers nach dem Verkehrsunfall noch fahrbereit war, war eine Anmietung des Leihwagens vor der Instandsetzung des verunfallten Pkw nicht erforderlich gewesen. Daher wurde dem Kläger die Nutzungsausfallentschädigung lediglich für die tatsächliche Dauer der Reparatur von fünf Tagen, so wie auch aus dem Gutachten zu entnehmen war, zugestanden. Auch wenn die Reparatur länger gedauert haben sollte, so konnte der Beginn der Reparaturarbeiten nicht mehr ermittelt werden.

Da die Unfallverursacherin zwar ein Prognoserisiko trägt, d. h. dass der Geschädigte seinen Pkw reparieren lassen kann, wenn die Reparaturkosten nicht mehr als 130 % des Wiederbeschaffungswertes betragen, so kann diese jedoch nicht für das 11-tägige Anmieten eines Ersatzwagens beansprucht werden. Die Mehrkosten würden nur dann durch die Unfallverursacherin übernommen werden, wenn die von dem Geschädigten beauftragte Kfz-Werkstatt ohne eigenes Verschulden unsachgemäße oder unwirtschaftliche Maßnahmen ergreift. Dies ist hier allerdings nicht der Fall. Der Kläger hat den Schaden komplett von der Kfz-Werkstatt abwickeln lassen und damit vollständig aus der Hand gegeben. Er hat insoweit selbst gegen das Wirtschaftlichkeitsverbot verstoßen.

Des Weiteren ist bei den Kosten für den Mietwagen zu berücksichtigen, dass der Kläger im Mietzeitraum lediglich 239 km gefahren ist. Hiervon abzuziehen ist die einmalig gefahrene Strecke von seinem Wohn-haus zu der Kfz-Werkstatt, so dass er damit pro Tag nur ca. 16 km gefahren ist. Das Gericht ging insoweit davon aus, dass eine Fahrstrecke von weniger als 20 km pro Tag ein Indiz für einen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht darstellt. Auch schon allein deshalb, weil der Geschädigte nicht auf die tägliche Nutzung des Pkw angewiesen ist. Etwaiger anderer Vortrag ist durch die Klägerseite nicht erfolgt. Es hätte demnach dem Kläger bewusst sein können, dass der Mietwagen mit Kosten von ca. 111,00 € pro Tag die voraussichtlich anfallenden Taxikosten weit übersteigen würden.

Weiterhin hat der Kläger unter Wahrung seines Interesses den Pkw zur Reparatur gegeben. Die 130 %-Regelung ist hierbei entsprechend zu beachten gewesen. Dies hat der Kläger jedoch nicht ausreichend getan. Die Reparaturkosten in Höhe von ca. 4.300,00 € sowie die Mietwagenkosten in Höhe von ca. 1.230,00 €, mithin ein Betrag in Höhe von 5.530,00 €, übersteigen deutlich die 130 %-Grenze von 5.070,00 € (130 % des Wiederbeschaffungswertes).

Unter Berücksichtigung dieser Umstände ist das Anmieten eines Ersatzwagens durch den Kläger nicht erforderlich gewesen. Dem Kläger steht daher nur ein Nutzungsausfallschaden zu.

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