27.06.2025 von Sven M. Bauer
Entscheidung über Mieterhöhung aufgrund von ÖPNV-Anbindung und Nahversorgung in Berlin
Am 4. Februar 2025 entschied das Amtsgericht Berlin-Lichtenberg (Az.: 7 C 5099/24) über einen Fall, der viele Mieter und Vermieter interessieren dürfte. Im Zentrum des Streits stand die Frage, ob eine gute Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) und eine gute Nahversorgung als wohnwerterhöhende Merkmale gelten und somit eine Mieterhöhung rechtfertigen können. In diesem Blogbeitrag der Kanzlei Bauer und Kollegen aus Brühl erfahren Sie mehr über die Hintergründe und die Entscheidung des Gerichts.
Hintergrund der Mieterhöhungsklage
Im Juni 2024 forderte eine Vermieterin aus Berlin von ihrer Mieterin eine Erhöhung der Nettokaltmiete. Die Vermieterin argumentierte, dass die Wohnung aufgrund ihrer hervorragenden Anbindung an den ÖPNV und der Nähe zu Supermärkten und anderen wichtigen Einrichtungen im Wohnumfeld besonders attraktiv sei. Konkret befanden sich die nächsten Supermärkte in weniger als 100 Metern Entfernung, eine Apotheke und ein Allgemeinarzt waren etwa 200 Meter entfernt, und Bushaltestellen lagen in einer Entfernung von 350 bis 400 Metern.
Die Vermieterin stützte ihre Forderung auf den Berliner Mietspiegel 2023, der verschiedene Merkmale zur Bewertung des Wohnwerts einer Wohnung enthält. Sie war der Meinung, dass die gute Anbindung und Nahversorgung als positiv zu bewerten seien und somit eine Mieterhöhung rechtfertigten. Die Mieterin hingegen weigerte sich, der Mieterhöhung zuzustimmen, woraufhin die Vermieterin Klage erhob.
Gerichtliche Bewertung der Wohnwertmerkmale
Das Amtsgericht Berlin-Lichtenberg entschied zugunsten der Mieterin und stellte fest, dass die gute Anbindung an den ÖPNV und die gute Nahversorgung keine wohnwerterhöhenden Merkmale darstellen. Das Gericht führte aus, dass die Erreichbarkeit von Bus- und Straßenbahnhaltestellen sowie Supermärkten in Berlin keine Besonderheit sei. Berlin verfüge über ein gut ausgebautes Netz des öffentlichen Personennahverkehrs, das sowohl den Bereich innerhalb des Berliner Rings als auch die Tarifzone B flächendeckend abdecke. Würde man diese Verkehrsanbindung als zusätzliches Merkmal berücksichtigen, wäre praktisch jede Wohnung in Berlin betroffen. Zudem sei die Verkehrsanbindung der streitgegenständlichen Wohnung nicht außergewöhnlich gut, da sie weder in der Nähe einer S- noch einer U-Bahn-Haltestelle liege.
Auch die gute Nahversorgung wertete das Gericht nicht als wohnwerterhöhend. Berlin verfüge insgesamt über eine gute Nahversorgung, sodass die Nähe zu Supermärkten, Apotheken und Ärzten keine wesentliche Besonderheit darstelle. Die Klägerin selbst führte aus, dass die durchschnittliche Entfernung zum nächsten Supermarkt in Berlin etwa 1,1 Kilometer betrage. Damit sei für die Mehrzahl der Berliner Mieter eine Einkaufsmöglichkeit vorhanden, die mit dem Auto schnell, mit dem Fahrrad in etwa fünf Minuten und auch zu Fuß in kurzer Zeit erreichbar sei.
Das Gericht kam zu dem Schluss, dass die geltend gemachten Merkmale keine außergewöhnlichen Qualitäten aufwiesen, die eine Mieterhöhung rechtfertigen würden. Es entschied daher, dass die Mieterin nur einer geringfügigen Erhöhung der Nettokaltmiete um 4,50 Euro monatlich zustimmen müsse, die auf anderen, im Mietspiegel aufgeführten Kriterien basierte.
Fazit
Dieses Urteil zeigt, dass in einer Stadt wie Berlin, wo eine gute Anbindung an den ÖPNV und eine gute Nahversorgung weit verbreitet sind, diese Faktoren nicht als wohnwerterhöhend gelten können. Vermieter sollten sich daher bei Mieterhöhungen auf andere, im Mietspiegel aufgeführte Merkmale stützen. Für Mieter bedeutet dies, dass sie sich gegen ungerechtfertigte Mieterhöhungen wehren können, wenn diese auf allgemeinen Merkmalen wie der Verkehrsanbindung oder der Nahversorgung basieren.
Die Anwaltskanzlei Bauer & Kollegen aus Brühl steht Ihnen gerne für eine persönliche Beratung zur Verfügung. Unser erfahrenes Team von Anwälten kann Ihnen helfen, die Auswirkungen dieser Entscheidung aus dem Mietrecht zu verstehen und Sie bei rechtlichen Fragen unterstützen.
Dieser Blog-Artikel dient nur zu Informationszwecken und stellt keine Rechtsberatung dar. Bei spezifischen Fragen oder Anliegen sollten Sie sich an einen qualifizierten Rechtsanwalt wenden.
Quelle der Entscheidung: Entscheidung des Amtsgerichts Berlin-Lichtenberg vom 4. Februar 2025, oder: Direktlink zur Entscheidung des Gerichtes.