07.03.2025 von Sven M. Bauer
Kündigung wegen Bedrohung durch Facebook-Post?
Am 7. Oktober 2024 entschied das Arbeitsgericht Berlin (Az: 59 Ca 8733/24) über die Kündigung eines Straßenbahnfahrers, der wegen eines umstrittenen Facebook-Posts entlassen wurde. Der Fall wirft interessante Fragen zur Meinungsfreiheit und den Grenzen des Arbeitsrechts auf. Im Mittelpunkt steht die Frage, ob die Kündigung des Fahrers gerechtfertigt war, nachdem dieser eine bedrohliche Fotomontage in einer privaten Facebook-Gruppe gepostet hatte.
Hintergrund des umstrittenen Facebook-Posts und der Kündigung
Der Kläger, ein Straßenbahnfahrer mit 15 Jahren Berufserfahrung und alleinerziehender Vater von drei Kindern, war Administrator einer privaten Facebook-Gruppe mit rund 1.000 Mitgliedern, die sich an die Fahrer seines Arbeitgebers richtete. Im Mai 2024 verfasste er einen Beitrag, der sich an die Mitglieder der ver.di-Tarifkommission richtete. Der Beitrag schloss mit einer Fotomontage ab, die einen knienden Mann zeigte, auf dessen Kopf der Lauf einer Pistole gerichtet war. Neben dem Mann war der Schriftzug von ver.di zu sehen, und die Montage trug den Titel „VER.DI HÖRT DEN WARNSCHUSS NICHT!“. Auch das Logo des Arbeitgebers war auf der Fotomontage zu sehen.
Sieben Beschäftigte, die zugleich Gewerkschaftsfunktionäre waren, fühlten sich durch den Beitrag bedroht und beschwerten sich bei der Arbeitgeberin. Diese hörte den Kläger und den Personalrat an und sprach daraufhin sowohl eine fristlose als auch eine ordentliche Kündigung aus. Der Kläger argumentierte, dass seine Beiträge durch die Meinungsfreiheit gedeckt seien und dass keine konkrete Bedrohung vorliege. Zudem sei die Anzahl der Beschwerden im Verhältnis zur Gesamtbelegschaft von 13.000 Beschäftigten gering. Er sah die Kündigung als Versuch, seine Kandidatur für die Personalratswahlen im November 2024 zu verhindern.
Die Arbeitgeberin hingegen betonte, dass die Fotomontage eine konkrete Bedrohung darstelle und den Betriebsfrieden erheblich störe. Sie argumentierte, dass die private Facebook-Gruppe mit 1.000 Mitgliedern nicht mehr als überschaubarer Adressatenkreis gelten könne und der Beitrag auf eine Außenwirkung angelegt gewesen sei. Eine Abmahnung sei nicht erforderlich gewesen, da die Pflichtverletzung offensichtlich sei.
Gerichtsurteil zur Kündigung des Straßenbahnfahrers
Das Arbeitsgericht Berlin entschied, dass die außerordentliche Kündigung unwirksam sei, da es der Arbeitgeberin zumutbar sei, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist fortzusetzen. Die ordentliche Kündigung hingegen wurde als sozial gerechtfertigt angesehen.
Das Gericht stellte fest, dass die Fotomontage eine erhebliche Verletzung der Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers darstelle. Die Bedrohung von Kollegen und die Störung des Betriebsfriedens seien schwerwiegende arbeitsvertragliche Pflichtverletzungen. Die private Facebook-Gruppe mit 1.000 Mitgliedern könne nicht als privater, überschaubarer Adressatenkreis angesehen werden. Der Beitrag sei eindeutig als Drohung zu verstehen und auch so aufgefasst worden.
Das Gericht betonte, dass die Meinungsfreiheit ihre Grenzen habe, wenn es um ernsthafte Bedrohungen gehe. Die Fotomontage sei nicht durch die Meinungsfreiheit gedeckt, da sie eine konkrete Bedrohung darstelle. Auch die 15-jährige Betriebszugehörigkeit und die familiäre Situation des Klägers könnten die Pflichtverletzung nicht aufwiegen. Eine Abmahnung sei nicht erforderlich gewesen, da die Pflichtverletzung offensichtlich sei.
In der Interessenabwägung überwogen die Interessen der Arbeitgeberin, den Betriebsfrieden zu wahren und ihre Beschäftigten zu schützen. Das Arbeitsverhältnis wurde daher durch die ordentliche Kündigung zum 31. Januar 2025 beendet.
Fazit
Dieser Fall zeigt, wie wichtig es ist, die Grenzen der Meinungsfreiheit im Arbeitskontext zu kennen und zu respektieren. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten sich bewusst sein, dass bedrohliche Äußerungen, selbst in scheinbar privaten Foren, schwerwiegende arbeitsrechtliche Konsequenzen haben können.
Die Anwaltskanzlei Bauer & Kollegen aus Brühl steht Ihnen gerne für eine persönliche Beratung zur Verfügung. Unser erfahrenes Team von Anwälten kann Ihnen helfen, die Auswirkungen dieser Entscheidung aus dem Arbeitsrecht zu verstehen und Sie bei rechtlichen Fragen unterstützen.
Dieser Artikel dient nur zur Information und stellt keine Rechtsberatung dar. Wenn Sie spezifische Fragen oder Anliegen haben, wenden Sie sich bitte an einen Rechtsanwalt.
Quelle der Entscheidung: Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin vom 7. Oktober 2024, oder: Direktlink zur Entscheidung des Gerichtes.