30.12.2024 von Sven M. Bauer

Gesetzlicher Mindesturlaub: Verzicht möglich?

Das Landesarbeitsgericht Köln (Az.: 7 Sa 516/23) hat am 11. April 2024 eine Entscheidung getroffen, die für Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen von Bedeutung ist. Im Fokus stand die Frage, ob ein Arbeitnehmer im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses wirksam auf seinen gesetzlichen Mindesturlaub verzichten kann. Dieser Fall unterstreicht die Bedeutung des arbeitsrechtlichen Schutzes und liefert wichtige Orientierung zur Zulässigkeit von Vertragsvereinbarungen – erfahren Sie mehr über die Entscheidung des Gerichts in diesem Blogartikel der Anwaltskanzlei Bauer & Kollegen.

 

Hintergrund: Ein Vergleich unter besonderen Umständen

Der Fall betrifft einen Arbeitnehmer, der seit Januar 2019 als Betriebsleiter tätig war und vertraglich Anspruch auf 30 Urlaubstage pro Jahr hatte. Anfang 2023 einigten sich die Parteien nach einem Rechtsstreit auf die einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30. April 2023. Im gesamten Jahr 2023 war der Arbeitnehmer jedoch durchgehend arbeitsunfähig erkrankt und konnte keinen Urlaub nehmen.

 

Im Rahmen der Verhandlungen legte die Beklagte, die Arbeitgeberin, einen Vergleichsentwurf vor, der vorsah, dass der gesetzliche Mindesturlaub von sieben Tagen im Jahr 2023 als genommen galt. Die Prozessbevollmächtigte des Klägers wies darauf hin, dass ein Verzicht auf den gesetzlichen Mindesturlaub rechtlich nicht möglich sei. Trotz dieser rechtlichen Bedenken stimmten beide Seiten dem Vergleich zu, der am 31. März 2023 gerichtlich protokolliert wurde.

 

Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses machte der Kläger Urlaubsabgeltung in Höhe von 1.615,11 Euro geltend, da er den gesetzlichen Mindesturlaub im Jahr 2023 nicht in Anspruch nehmen konnte. Das Arbeitsgericht Siegburg gab seiner Klage statt. Die Beklagte legte Berufung ein, wodurch der Fall vor dem Landesarbeitsgericht Köln landete.

 

Die Entscheidung des Gerichts

Das Landesarbeitsgericht stellte klar, dass ein Verzicht auf den gesetzlichen Mindesturlaub während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses nicht zulässig ist. Es verwies auf die Unverzichtbarkeit dieses Anspruchs nach dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG), das den Schutz von Arbeitnehmern sicherstellt. Ein solcher Verzicht würde dem Zweck der Regelung zuwiderlaufen, die Arbeitnehmer in die Lage versetzen soll, ihre Urlaubsansprüche tatsächlich zu nutzen.

 

Gleichzeitig betonte das Gericht, dass ein Verzicht auf eine finanzielle Abgeltung des Urlaubs nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses möglich sei – jedoch nicht, wenn das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der Vereinbarung noch besteht. Auch der Einwand der Gegenseite, der Arbeitnehmer habe sich widersprüchlich verhalten, wurde zurückgewiesen, da dieser bereits während der Verhandlungen auf die Unwirksamkeit des Verzichts hingewiesen hatte.

 

Fazit

Das Urteil verdeutlicht die zentrale Bedeutung des gesetzlichen Mindesturlaubs als unverzichtbares Schutzinstrument für Arbeitnehmer. Für Arbeitgeber ist es essentiell, bei der Gestaltung von Vereinbarungen die gesetzlichen Rahmenbedingungen zu beachten, um Streitigkeiten zu vermeiden.

 

Die Anwaltskanzlei Bauer & Kollegen aus Brühl steht Ihnen gerne für eine persönliche Beratung zur Verfügung. Unser erfahrenes Team von Anwälten kann Ihnen helfen, die Auswirkungen dieser Entscheidung aus dem Arbeitsrecht zu verstehen und Sie bei rechtlichen Fragen unterstützen.

 

Dieser Blog-Artikel dient nur zu Informationszwecken und stellt keine Rechtsberatung dar. Bei spezifischen Fragen oder Anliegen sollten Sie sich an einen qualifizierten Rechtsanwalt wenden.

Quelle der Entscheidung: Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 11. April 2024, oder: Direktlink zur Entscheidung des Gerichtes.

 




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