02.07.2024 von Sven M. Bauer

Betriebsratsschulung: Teilweise Teilnahme an Schulungen.

Einführung in das Thema Betriebsratsschulung

Die Schulung von Betriebsratsmitgliedern ist ein zentrales Element, um sicherzustellen, dass diese ihre Aufgaben effektiv und sachgerecht erfüllen können. In unserem vorherigen Artikel (Link) haben wir die grundlegenden Rechte und Pflichten von Betriebsratsmitgliedern im Hinblick auf Schulungen erläutert. Heute möchten wir ein konkretes Gerichtsurteil vorstellen, das sich mit der Frage befasst, ob Betriebsratsmitglieder nur teilweise an einer Schulungsveranstaltung teilnehmen können, auch wenn die Schulung nur als Ganzes angeboten wird.

 

Einführung in den spezifischen Fall

In diesem Artikel beleuchten wir ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 28. September 2016 (Aktenzeichen: 7 AZR 699/14). Dieser Fall ist zwar schon einige Jahre alt, bietet jedoch weiterhin interessante Einblicke in die rechtliche Bewertung der Erforderlichkeit von Betriebsratsschulungen. Das Urteil behandelt die Streitfrage, ob ein Betriebsratsmitglied Entgeltansprüche hat, wenn es nur an Teilen einer Schulungsveranstaltung teilnimmt, die nur als Gesamtes angeboten wird.

 

Hintergrund des Falles

Die Parteien und der Schulungsbeschluss

Der Kläger war Vorsitzender des Betriebsrats in einem Werk und nahm im Jahr 2013 an mehreren Modulen einer Schulungsveranstaltung zum Thema „Professionelles betriebliches Eingliederungsmanagement“ teil. Diese Schulung bestand aus vier Modulen von jeweils drei Arbeitstagen und einer zweitägigen Abschlussveranstaltung. Die Schulung konnte nur als Ganzes gebucht werden, und die Teilnahmegebühr betrug 640 Euro pro Modul zuzüglich weiterer Kosten.

 

Der Betriebsrat beschloss, den Kläger zu dieser Schulung zu entsenden, da er Mitglied des Integrationsteams für das betriebliche Eingliederungsmanagement war. Die Beklagte, die Arbeitgeberin, verweigerte jedoch die Zahlung des Arbeitsentgelts für die Zeit der Schulungsteilnahme und die Übernahme der Kosten mit der Begründung, dass die Schulung nicht erforderlich sei.

 

Die Argumente der Parteien

Der Kläger argumentierte, dass die Schulung notwendig sei, um seine Aufgaben im Integrationsteam sachgerecht erfüllen zu können. Vorherige Schulungen hätten die erforderlichen Kenntnisse nicht abgedeckt. Die Beklagte hingegen vertrat die Ansicht, dass die Schulung insgesamt nicht erforderlich sei und dass eine solche umfassende Schulung nicht notwendig sei, um die Aufgaben des Betriebsrats zu erfüllen.

 

Entscheidung des Gerichts

Einheitliche Bewertung der Erforderlichkeit

Das Bundesarbeitsgericht stellte fest, dass die Erforderlichkeit einer Schulungsveranstaltung einheitlich zu bewerten ist. Eine Aufteilung der Schulung in erforderliche und nicht erforderliche Teile kommt nur dann in Betracht, wenn die unterschiedlichen Themen so klar voneinander abgegrenzt sind, dass ein zeitweiser Besuch möglich und sinnvoll ist. Da die Schulungsveranstaltung im vorliegenden Fall nur als Ganzes zur Buchung angeboten wurde, konnte die Erforderlichkeit nur für die gesamte Schulung beurteilt werden.

 

Beurteilungsspielraum des Betriebsrats

Der Betriebsrat hat einen Beurteilungsspielraum bei der Entscheidung über die Erforderlichkeit von Schulungen. Dieser umfasst die Prüfung, ob die Schulung unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse im Betrieb notwendig ist, damit der Betriebsrat seine Aufgaben ordnungsgemäß erfüllen kann. Das Gericht betonte, dass der Betriebsrat dabei auch die finanziellen Belastungen des Arbeitgebers berücksichtigen muss.

 

Entscheidung zur Kostenübernahme

Das BAG hob das Urteil des Landesarbeitsgerichts auf, das zugunsten des Klägers entschieden hatte. Die Sache wurde zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen, da die erforderlichen Tatsachenfeststellungen fehlten. Das Landesarbeitsgericht musste feststellen, ob die Schulungsveranstaltung nur als Ganzes oder auch in Teilen buchbar war und ob die Teilnahme an der gesamten Schulung erforderlich war.

 

Fazit

Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts verdeutlicht die Wichtigkeit einer einheitlichen Bewertung der Erforderlichkeit von Schulungen für Betriebsratsmitglieder. Wenn eine Schulung nur als Ganzes buchbar ist, muss der Betriebsrat die Erforderlichkeit für die gesamte Schulung prüfen und dabei die finanziellen Belastungen des Arbeitgebers berücksichtigen. 

 

Für Betriebsräte ist es wichtig zu wissen, dass sie bei der Auswahl und Bewertung von Schulungen einen Beurteilungsspielraum haben, aber auch die Gesamtkosten und den Nutzen der Schulung im Auge behalten müssen. Arbeitgeber sollten ebenfalls darauf achten, dass Schulungen, die nur als Ganzes buchbar sind, entsprechend einheitlich bewertet werden.

 

Wenn Sie Fragen zum Schulungsanspruch des Betriebsrats oder anderen arbeitsrechtlichen Themen haben, steht Ihnen die Anwaltskanzlei Bauer & Kollegen aus Brühl gerne zur Verfügung. Unser erfahrenes Team unterstützt Sie bei Ihren rechtlichen Anliegen.

 

Dieser Blog-Artikel dient nur zu Informationszwecken und stellt keine Rechtsberatung dar. Bei spezifischen Fragen oder Anliegen sollten Sie sich an einen qualifizierten Rechtsanwalt wenden.

Quelle der Entscheidung: Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 28. September 2016, oder: Direktlink zur Entscheidung des Gerichtes.





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