29.05.2024 von Sven M. Bauer

Befristeter Arbeitsvertrag ohne Angabe von Gründen gekündigt?

Darf ein befristeter Arbeitsvertrag ohne Angabe von Gründen vom Arbeitgeber gekündigt werden?

In diesem Blogartikel geht es um einen Fall, bei dem der Europäische Gerichtshof entschieden hat, dass der Arbeitgeber einen befristeten Arbeitsvertrag nicht ohne Angaben von Gründen kündigen durfte. Diese Entscheidung wurde am 20. Februar 2024 vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) unter dem Aktenzeichen C-715/20 gefällt. Dieses Urteil aus dem Arbeitsrecht behandelt einen interessanten Fall aus Polen, bei dem ein Arbeitgeber sich aufgrund fehlender Angabe von Kündigungsgründen diskriminiert sah und vor Gericht zog. Die Anwaltskanzlei Bauer & Kollegen aus Brühl wirft in diesem Artikel einen genaueren Blick auf das Urteil.

Fallanalyse: Diskriminierung in der Behandlung befristet Beschäftigter

Im Zentrum des Falls stand ein befristet beschäftigter Arbeitnehmer aus Polen, dessen Arbeitsvertrag vorzeitig von seinem Arbeitgeber gekündigt wurde, ohne dass ihm die Gründe hierfür mitgeteilt wurden. Nach polnischem Arbeitsrecht war der Arbeitgeber nicht verpflichtet, die Kündigungsgründe bei befristeten Verträgen anzugeben, was bei unbefristeten Verträgen jedoch gefordert wird.

Der Arbeitnehmer sah in dieser Praxis eine Diskriminierung aufgrund der Vertragsart und zog vor Gericht, um diese Ungleichbehandlung anzufechteten. Er argumentierte, dass ihm durch das Vorenthalten von Informationen über die Kündigungsgründe die Möglichkeit genommen wurde, die Rechtmäßigkeit der Kündigung effektiv zu überprüfen und gegebenenfalls rechtlich dagegen vorzugehen. Das nationale Gericht, das mit dem Fall befasst war, sah sich aufgrund der komplexen rechtlichen Fragen, insbesondere der Auslegung des EU-Rechts, veranlasst, den Fall dem EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen.

Urteilsverkündung: Keine Ungleichbehandlung für befristet Beschäftigte zulässig

Der EuGH entschied, dass die unterschiedliche Behandlung von befristet und unbefristet Beschäftigten hinsichtlich der Mitteilung von Kündigungsgründen eine Ungleichbehandlung darstellt, die nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt ist. Die Richter führten aus, dass die bloße temporäre Natur eines Beschäftigungsvertrags keine schlechtere Behandlung von befristet Beschäftigten rechtfertigt. Weiterhin betonten sie, dass die Mitteilung der Kündigungsgründe die Flexibilität, welche befristete Verträge bieten sollen, nicht beeinträchtigt.

Der Gerichtshof stellte klar, dass diese Ungleichbehandlung zudem das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf verletzt, das in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert ist. In Fällen, in denen das nationale Recht nicht in Einklang mit dem EU-Recht ausgelegt werden kann, müssen nationale Gerichte die betreffenden nationalen Vorschriften unangewendet lassen, um die Vorgaben des EU-Rechts und die Grundrechte der betroffenen Arbeitnehmer zu wahren.

In diesem Fall durfte also der befristete Arbeitsvertrag nicht ohne Angabe von Gründen gekündigt werden, was die Bedeutung der Gleichbehandlung aller Arbeitnehmer unabhängig von der Art ihres Arbeitsvertrags unterstreicht und die Transparenz und den rechtlichen Schutz von Arbeitnehmern in ganz Europa stärkt.

Die Anwaltskanzlei Bauer & Kollegen aus Brühl steht Ihnen gerne für eine persönliche Beratung zur Verfügung. Unser erfahrenes Team von Anwälten kann Ihnen helfen, die Auswirkungen dieses Urteils aus dem Arbeitsrecht zu verstehen und Sie bei rechtlichen Fragen unterstützen.

 

Dieser Blog-Artikel dient nur zu Informationszwecken und stellt keine Rechtsberatung dar. Bei spezifischen Fragen oder Anliegen sollten Sie sich an einen qualifizierten Rechtsanwalt wenden.
Quelle der Entscheidung: Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 20. Februar 2024, oder: Direktlink zur Entscheidung des Gerichtes.

 




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