27.04.2025 von Sven M. Bauer
Aufhebung der Fahrtenbuchauflage bei unzureichender Fahrerermittlung
Am 26. Juni 2024 entschied das Verwaltungsgericht Berlin (Az.: 37 K 11/23) über die Aufhebung einer Fahrtenbuchauflage, die gegen ein Unternehmen verhängt worden war. Der Fall drehte sich um die Frage, ob die Behörde alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen hatte, um den Fahrer eines Fahrzeugs zu ermitteln, das eine erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung begangen hatte. Das Urteil ist besonders interessant für Fahrzeughalter, die sich gegen ähnliche Auflagen wehren möchten. Erfahren Sie mehr über den Fall im heutigen Blogartikel der Kanzlei Bauer & Kollegen.
Sachverhalt des Geschwindigkeitsverstoßes und erste Ermittlungen
Der Fall begann am 18. Mai 2019, als ein firmeneigener Audi Quattro in Berlin Marzahn mit einer Geschwindigkeit von 80 km/h in einer 50 km/h-Zone geblitzt wurde. Die Geschwindigkeitskontrolle erfolgte mit einem Messgerät des Typs Poliscan FM 1. Die Polizei leitete daraufhin ein Ordnungswidrigkeitenverfahren ein und schickte ein Anhörungsschreiben an das Unternehmen, das Halter des Fahrzeugs war.
Das Unternehmen, vertreten durch den Geschäftsführer, bestritt den Verkehrsverstoß und gab an, dass das Fahrzeug zum Zeitpunkt der Messung 350 Meter vom Tatort entfernt gewesen sei. Angaben zum Fahrer wurden nicht gemacht. Ein Ermittlungsgesuch, den Geschäftsführer des Unternehmens vorzuladen, blieb erfolglos, da eine Mitarbeiterin keine Hinweise zum Fahrer geben konnte. Das Ordnungswidrigkeitenverfahren wurde schließlich eingestellt.
Am 11. Oktober 2019 informierte die Straßenverkehrsbehörde das Unternehmen über die beabsichtigte Fahrtenbuchauflage. Mit Bescheid vom 8. November 2019 wurde das Unternehmen angewiesen, für ein Jahr ein Fahrtenbuch zu führen. Das Unternehmen legte Widerspruch ein und argumentierte, dass keine rechtsstaatlich verwertbaren Belege für den Verkehrsverstoß vorlägen. Der Widerspruch wurde jedoch am 11. Mai 2021 zurückgewiesen, woraufhin das Unternehmen Klage erhob.
Gerichtliche Bewertung und Urteil
Das Verwaltungsgericht Berlin hob die Fahrtenbuchauflage auf. Das Gericht stellte fest, dass die Behörde nicht alle zumutbaren Maßnahmen zur Ermittlung des Fahrers ergriffen hatte. Insbesondere hätte die Behörde eine einfache Google-Bildersuche durchführen können, um den Fahrer zu identifizieren. Der Richter konnte selbst durch eine rasche Google-Bildersuche den Geschäftsführer des Unternehmens als Fahrer des geblitzten Fahrzeugs identifizieren.
Das Gericht betonte, dass die Behörde verpflichtet sei, alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen, um den Fahrer zu ermitteln. Eine Google-Bildersuche sei in diesem Fall eine naheliegende und zumutbare Maßnahme gewesen. Da die Behörde diese Möglichkeit nicht genutzt hatte, war die Feststellung des Fahrzeugführers nicht im Sinne des § 31a Abs. 1 StVZO unmöglich.
Das Gericht wies auch darauf hin, dass die Fahrtenbuchauflage eine präventive und keine strafende Funktion habe. Sie setze nicht voraus, dass der Halter seine Mitwirkungsobliegenheiten schuldhaft nicht erfüllt habe. Die Behörde dürfe ihre Ermittlungstätigkeiten nicht allein aufgrund der fehlenden Mitwirkung des Halters einstellen.
Zusammenfassend entschied das Gericht, dass die Fahrtenbuchauflage rechtswidrig sei und das Unternehmen in seinenRechten verletze. Der Bescheid vom 8. November 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Mai 2021 wurde daher aufgehoben.
Fazit
Dieses Urteil zeigt, dass Fahrzeughalter sich gegen Fahrtenbuchauflagen wehren können, wenn die Behörde nicht alle zumutbaren Maßnahmen zur Fahrerermittlung ergriffen hat. Es unterstreicht die Bedeutung einer gründlichen und angemessenen Ermittlung durch die Behörden und bietet eine Orientierung für ähnliche Fälle.
Die Anwaltskanzlei Bauer & Kollegen aus Brühl steht Ihnen gerne für eine persönliche Beratung zur Verfügung. Unser erfahrenes Team von Anwälten kann Ihnen helfen, die Auswirkungen dieser Entscheidung aus dem Verkehrsrecht zu verstehen und Sie bei rechtlichen Fragen unterstützen.
Dieser Blog-Artikel dient nur zu Informationszwecken und stellt keine Rechtsberatung dar. Bei spezifischen Fragen oder Anliegen sollten Sie sich an einen qualifizierten Rechtsanwalt wenden.
Quelle der Entscheidung: Entscheidung des Verwaltungsgericht Berlin vom 26. Juni 2024, oder: Direktlink zur Entscheidung des Gerichtes.